Hans Kernen, Gerda Meier: Achtung Burn-out!
Rezensiert von Branka Kramaric, 26.09.2009
Hans Kernen, Gerda Meier: Achtung Burn-out! Leistungsfähig und gesund durch Ressourcenmanagement. Haupt Verlag (Bern Stuttgart Wien) 2008. 278 Seiten. ISBN 978-3-258-07395-8. D: 34,00 EUR, A: 35,00 EUR, CH: 58,00 sFr.
Thema
Burn-out ist ein Thema, das in den letzten Jahren im sozialen Bereich zu einem Dauerbrenner geworden ist. Engere Budgets, höhere Fallzahlen pro Kopf, zu wenig Personal. Es gibt viele Gründe. In der Literatur wird das Thema meist aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet: zum einen von der medizinischen Seite, zum anderen findet sich die „Ratgeberliteratur“, die den Gefährdeten im Blick hat und vielfach mit wohlgemeinten Ratschlägen an der Oberfläche bleibt. Wenige Bücher gibt es, die Burn-out im Kontext von betrieblicher Gesundheitsförderung sehen. Das Thema Gesundheit beschränkt sich in den meisten Unternehmen auf betrieblichen Gesundheitsschutz, Unfallverhütung oder die Bereitstellung und Finanzierung präventiver Maßnahmen wie Fitnessprogramme etc. Selten geht es um die Frage: Wie muss Arbeit gestaltet werden, damit sie der Gesundheit des Einzelnen förderlich ist?
Die Autoren
Die Autoren Dr. Hans Kernen und Gerda Meier führen gemeinsam ein Beratungsunternehmen in Küsnacht bei Zürich. Dr. Kernen hat seine Dissertation zum Thema Burn-out im Management verfasst und Gerda Meier verfasste eine Forschungsarbeit zur Unternehmenskultur. Beide haben im Bereich der Präventivmedizin geforscht.
Aufbau …
Das Buch gliedert sich in 8 Kapitel.
In Kapitel 1 bis 3 geht es zunächst um eine Einführung und eine Beschreibung des Bezugrahmens der Autoren. Dabei werden die Begriffe Arbeit, Gesundheit, Ressourcen und Burn-out definiert und eingegrenzt.
In Kapitel 4 bis 8 stellen die Autoren in der Theorie und anhand konkreter Fallbeispiele Möglichkeiten des Einsatzes von Ressourcenprofilen dar und entwickeln daraus ihr Burn-out-Interventionsmodell. Gleichzeitig zeigen sie auf, welche strukturellen Möglichkeiten für eine betriebliche Gesundheitsförderung sie sehen.
… und Inhalt
Die Autoren räumen der „Arbeit“ einen hohen gesellschaftlichen und individuellen Stellenwert ein, da sie einerseits erwerbssichernd, aber auch sinnstiftend wirkt. Aus der Betrachtung der unterschiedlichen Facetten von Arbeit (Kap.1)entwickeln sie den psychischen und sozialen Nutzen für das Individuum. Dabei arbeiten sie mit zwei grundlegenden Prämissen: Der Mensch ist auf Aktivität ausgelegt und Arbeit hat gesundheitlich stabilisierende Funktion: Kernen und Meier sprechen von „Arbeit als Ressource“.
Gesundheit wird beschrieben als ein dynamisches Fließgleichgewicht zwischen Belastung und Ressource (Kap.2), das ständig im Kontext von Lebenswelt und Biografie ausbalanciert wird. Anhand eines Dynamikmodells entwickeln die Autoren unterschiedliche Typen „interner Gesundheitskonzepte“. Da sich die Gesundheit stark über die eigene Arbeits- und Handlungsfähigkeit definiert, stellt sich die Frage nach der Gestaltung von Arbeit.
Aufgabe und zentrale Forderung der betrieblichen Gesundheitsförderung ist eine Arbeits- und Organisationsgestaltung mit dem Ziel der Förderung des arbeitenden Menschen (personenzentrierter Ansatz). Gleichzeitig stellen Kernen und Meier die Forderung nach strategischer, struktureller und sich in der Unternehmenskultur widerspiegelnder Gestaltung von Arbeitsprozessen. (Kap. 3)
Die Autoren haben ein Ressourcen-Belastungs-Regulations-Modell (RBR) (Kap. 4) entwickelt, in dem sich der Regulationsprozess bildlich gut darstellen und nachvollziehen lässt. Entlang einfacher thematisch gegliederter Fragen entsteht hieraus ein Abbild der vorhandenen Ressourcen, das nicht defizitorientiert ist, sondern sich an den positiven Möglichkeiten des Individuums orientiert. Dabei legen Kernen und Meier das systemische Drei-Welten-Modell von B. Schmid zugrunde und erweitern es. (Kap. 5)
Im weiteren Verlauf des Buches stellen die Autoren anhand von praktischen Fallbeispielen (Kap. 6) ihr auf einem Fragebogen basierendes Instrument der Erhebung von subjektiv erlebten Ressourcen vor. Sie unterscheiden zwischen einem Betriebs-Ressourcen-Profil, einem Kultur-Ressourcen-Profil und einem Individual-Ressourcen-Profil. Durch diese Erhebung wird auch ein sogenannter Burn-out-Indikator auf der individuellen Ebene erfasst, der eine Gefährdung der betroffenen Person indiziert. Anhand dieses Profils können nun gezielt Maßnahmen und Interventionen zum Ressourcenaufbau identifiziert werden. Sehr ausführlich werden die einzelnen Ressourcen und deren positive und negative Einflussfaktoren beschrieben. Anschließend erläutern die Autoren die unterschiedlichen Phasen des Burn-out-Prozesses (Kap. 7), sowie die möglichen Interventionsebenen in den unterschiedlichen Stadien.
Zum Abschluss (Kap. 8) plädieren die Autoren dafür, den Ressourcenmanagement-Ansatz zu einem integralen Bestandteil einer Unternehmensstrategie zu machen und auf der Managementebene zu verankern.
Fazit
Was wir tun können, um im Arbeitsprozess „leistungsfähig und gesund“ zu bleiben ist nur ein Teil der Botschaft. Kernen und Meier stellen sehr anschaulich dar, dass Unternehmen in der Verantwortung sind und auch davon profitieren, wenn sie ihre Arbeitsprozesse gesundheitsfördernd gestalten. Und das bedeutet nicht, sich um Unfallverhütung zu kümmern und die Kosten für den Fitnesskurs zu übernehmen. Es bedeutet, eine Unternehmenskultur zu gestalten, die auf Vertrauen, Kooperation und Konfliktbewältigung sowie Lernen und Innovation basiert.
Ein wissenschaftlich fundiertes, gut lesbares Buch mit hoher Praxisrelevanz durch die anschaulichen Beispiele - interessant und empfehlenswert für alle, die in verantwortlicher Position mit der Gestaltung von Arbeitsprozessen befasst sind und denen die Gesundheit ihrer Mitarbeiter(-innen) wichtig ist.
Rezension von
Branka Kramaric
Coach und Beraterin für kleine und mittelständische Unternehmen und Organisationen, Expertin für Betriebliche Gesundheit,
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