Hans H. Reich: Sprachförderung im Kindergarten
Rezensiert von Dipl. Soz. päd. Claudia Nicolaus, 05.11.2009
Hans H. Reich: Sprachförderung im Kindergarten. Grundlagen, Konzepte und Materialien. verlag das netz GmbH (Kiliansroda) 2008. 144 Seiten. ISBN 978-3-937785-93-6. 19,90 EUR.
Thema
Das Buch „Sprachförderung im Kindergarten“ widmet sich dem Thema der Zwei- und Mehrsprachigkeit von Kindern im Elementarbereich, deren Sprachbildung und Sprachförderung. Besonders berücksichtigt wird jedoch das Thema der Qualifikation des pädagogischen Personals. Es wird ein aktueller Bereich der Elementarpädagogik diskutiert und fachlich praxisbezogen untermauert.
Entstehungshintergrund und Zielgruppe
Entstanden sind die vorliegenden Texte aus der Arbeit des Projekts „Sprachentwicklung zweisprachiger Kinder im Elementarbereich“, das vom Amt für Jugend der Freien Hansestadt Hamburg von 2001-2004 durchgeführt wurde. Diese wissenschaftlichen Ergebnisse, ergänzt und erweitert auf der Grundlagen von Erfahrungen von Fort- und Weiterbildung, finden sich in diesem Fachbuch wieder. Zielgruppe ist das pädagogische Personal in Kindertagesstätten, vor allem jene, die verstärkt mit zwei- und mehrsprachig aufwachsenden Kindern arbeiten und dieses Thema aktueller Gegenstand des pädagogischen Alltags ist. Verankert sollte dieses Thema fest in der Ausbildung zum Erzieher/Erzieherin sein, somit wendet sich das Buch auch an Fachkräfte in der Aus- und Weiterbildung.
AutorInnen
Prof. Hans H. Reich beschäftigt sich seit langem intensiv mit dem Thema - Deutsch als Zweitsprache, Zweisprachigkeit bei Migranten, Herkunftssprachenunterricht und anderen verwandten Themen. Es sind bereits umfangreiche Veröffentlichungen zu diesem Forschungsgegenstand von ihm erhältlich. Die wissenschaftliche Leitung des Projekts oblag dem Institut für Bildung im Kindes- und Jugendalter, Arbeitsbereich Interkulturelle Bildung, der Universität Koblenz-Landau, mit dem Prof. Hans H. Reich verwurzelt ist. Frau Gerlinde Knisel-Scheuring war von 2001-2004 Mitarbeiterin in dem Projekt und hat an der Konzeption der zweijährigen Multiplikatoren-Weiterbildung mitgewirkt. Seit 2005 führen beide die Weiterbildung gemeinsam durch.
Aufbau und Inhalt
Das Buch ist neben dem Vorwort, der Einleitung und dem Anhang in drei Kapitel gefasst:
- Kapitel 1 Sprachförderung in der Diskussion
- Kapitel 2 Sprachförderkonzeption – Qualifikationen der Erzieherinnen und Erzieher als Basis
- Kapitel 3 Qualifizierungskonzeption für die Aus-, Fort- und Weiterbildung
Weiterhin ist es ausgestattet mit einer umfangreichen Sammlung von Arbeitsmaterialien auf einer beiliegenden CD-Rom. Die Materialien sind auf insgesamt 164 Seiten in drei große Schwerpunkte unterteilt:
- Arbeitsunterlagen für die Praxis
- Arbeitsunterlagen für die Qualifizierung
- Literaturtipps mit Kommentierungen
Kapitel 1 beschäftigt sich mit Klärungen von Begriffsbestimmungen wie z.B. Sprachförderung - Spracherziehung - Sprachbildung - Förderbedürftigkeit - Einsprachigkeit/Zweisprachigkeit. In den Darstellungen der Inhalte kommt immer wieder zum Ausdruck, dass für Kinder die in Zwei- und Mehrsprachigkeit aufwachsen gezielte Fördereinheiten unabdingbar sind, da ein erhöhter Förderbedarf besteht. Die kritische Auseinandersetzung der AutorInnen mit verschiedenen Bildungsplänen der Länder bringt zum Vorschein, dass viele Länder die Sprachbildung und Sprachförderung (kommunikative Bildung) sehr allgemein formulieren, jedoch gibt es wenig konkrete Ziele bzw. methodisch/didaktische Beispiele zum Thema Zwei- und Mehrsprachigkeit. Es wird zwar auf die Problematik - Deutsch als Zweitsprache - verwiesen, jedoch die Umsetzung in die Praxis bleibt noch zu konkretisieren. Die AutorInnen geben unter den jeweiligen Darstellungen der Begriffe eine kurze Schlussfolgerung für eine Sprachförderkonzeption, somit gehen die Inhalte fließend ineinander über.
Kapitel 2 diskutiert die sprachliche Bildung und Sprachförderung im Einzelnen. Es wird vor allem der Rahmen betrachtet, der Verantwortungsbereich der tätigen Pädagogen und mitzubringenden Kompetenzen (Qualifikationen). Dabei wird die Beobachtung im besonderem Maße herausgestellt, vor allem, dass es um ein bewusstes Wahrnehmen der Fähigkeiten der anvertrauten Kinder geht. Ebenso wird der Charakter der Vorbildfunktion thematisiert und die Kenntnis über bestimmte Methoden und Inhalte der Sprachförderung. Viele Facetten der Sprachförderung werden angesprochen und einige mit anschaulichen Beispielen unterlegt. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Unterstützung der Familiensprache, Zusammenarbeit mit den Eltern und dem Interesse an sprachlicher Vielfalt. Dieses ist jedoch, laut Untersuchungen der AutorInnen, von den Grundeinstellungen der ErzieherInnen abhängig, sowie regionalen Besonderheiten. Sie zeigen auf, wie Sprachbeobachtung und individuelle Förderpläne gestaltet werden können . Dazu gehören Spachbeobachtungsbögen, das Planen von Fördereinheiten, Dokumentation/Reflexion und Kooperation zu anderen Professionen (Logopädie). Für den förderdidaktischen Aspekt ist die Materialsammlung umfangreich ausgestattet und bietet der Praxis eine gute Arbeitsgrundlage. Verweise zur CD-Rom sind im Text ersichtlich.
Im Kapitel 3 wird die Qualifizierung näher betrachtet. Qualifizierungsziele werden aufgestellt und im Einzelnen beleuchtet. Sprachbezogenes Wissen, Spracheinstellung und berufliche Erfahrung sind in der Diskussion. In diese Darstellungen fließen, wie auch in vorangegangen Betrachtungen, Ergebnisse aus den Befragungen des Hamburger Projekts ein. Am Ende des Kapitels werden konkrete Planungsbeispiele (8) für die Qualifizierung entwickelt. Die AutorInnen betonen, dass kein Anspruch auf Vollständigkeit besteht und im Anwendungsfall sollte es der Gruppe angepasst werden. Ausgewählte Themen sind Sprachenvielfalt, Wortschatzaneignung, Analyse von Kindertexten, von der Sprachbeobachtung zum Sprachprofil, vom Sprachprofil zum individuellen Förderplan, Gestaltung von Fördereinheiten, sprachliche und naturwissenschaftliche Bildung und sprachliches Handeln der Erzieherin/des Erziehers. Die Module sind strukturiert aufgebaut und geben einen Einblick in eine mögliche Weiterbildung. Abzuwarten und auszuwerten bleibt die erfolgreiche Umsetzung in die Praxis.
Fazit
Das vorliegende Fachbuch ist ein komprimiertes Werk zum Thema Zweisprachigkeit/Mehrsprachigkeit in der Elementarpädagogik und deren Sprachförderung. Es sensibilisiert den Leser für dieses Thema und gibt wertvolle Anregungen für die Praxis sowie Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit der Vielfalt der Sprachförderung. Das Buch stellt eine wertvolle Entscheidungshilfe für eine Qualifizierung in diesem Bereich dar, da der Leser einen Einblick in die Struktur einer möglichen Weiterbildung gewinnt.
Rezension von
Dipl. Soz. päd. Claudia Nicolaus
Lehrkraft für besondere Aufgaben Hochschule Magdeburg-Stendal
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