Sabine Dinges: [...] Ehrenamtliches Engagement in Altenheimen
Rezensiert von Prof. Dr. Michael Vilain, 29.10.2010
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Sabine Dinges: Freiwillige dringend gesucht. Ehrenamtliches Engagement in Altenheimen. Schlütersche Fachmedien GmbH (Hannover) 2009. 184 Seiten. ISBN 978-3-89993-218-8. 12,95 EUR.
Thema und Entstehungshintergrund
Mit Ihrer Publikation legt Sabine Dinges eine Orientierungshilfe für Altenpflegeeinrichtungen vor, die insbesondere als praktischer Ratgeber fungieren soll: „Sie können damit einrichtungsspezifische, situationsangemessene und adäquate Lösungen entwickeln. Spannungsfelder werden klar benannt und mögliche Wege zur Lösung aufgezeigt.“ (S. 8) Grundlage der Beschreibung ist ein Ehrenamts-Projekt des sog. Bürgerinstituts in vier Altenhilfeeinrichtungen. Was das Bürgerinstitut ist und welcher Art die realisierten Projekte genau waren, lässt sich den kurzen Einlassungen dazu am Beginn leider nicht entnehmen.
Aufbau und Inhalt
Um ihr Ziel zu erreichen entwickelt Dinges einen „dynamischen Ansatz der Vielfalt“ (Kapitel 1). Eine genaue Klärung unterbleibt jedoch: „Der dynamische Ansatz der Vielfalt will von vornherein so wenig wie möglich ausschließen. Möglichst vieles soll in den Blick genommen werden.“ (S.11) Damit ist bereits die Programmatik des Buches umrissen, in der sich klare Konzepte oder tragfähige Definitionen kaum finden lassen. Vielmehr bestimmt auch im Folgenden ein erhebliches Maß an Unschärfe die verwendeten Begrifflichkeiten und vorgestellten Ansätze, die in der Regel weder aus Fachdiskursen noch den Gewohnheiten der Praxis abgeleitet werden (können): So wird beispielsweise der Versuch unternommen, „Ehrenamt“ von „Freiwilligem Engagement“ abzugrenzen. Warum dabei der Begriff „Ehrenamt“ mit normativen Verhaltenserwartungen verbunden sein soll, „Freiwilliges Engagement“ jedoch nicht, bleibt vollkommen unklar (S. 13 f.). Ebenso wenig tragfähig scheint das Kriterium der Weisungsgebundenheit als wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen hauptamtlich und ehrenamtlich Beschäftigten (S. 13), gibt es doch in der Praxis zahlreiche Tätigkeiten, in denen auch Ehrenamtliche weisungsgebunden handeln müssen – und dies nicht nur in Rettungsdienst oder Freiwilliger Feuerwehr.
Die Bestimmung möglicher Zielsetzungen für ein freiwilliges Engagement in einer konkreten Einrichtung und den Einsatz von Ehrenamtlichen sind Gegenstand des 2. Kapitels. Dabei werden verschiedene Perspektiven beleuchtet: Zum einen wird eine Verbindung zwischen dem Selbstverständnis der Einrichtung sowie der Art des nachgefragten Engagements bzw. der Einbindung von Ehrenamt beleuchtet. Dabei werden ausgehend von der Vorstellung des Altenpflegeheims als zentralem Lebensort unterschiedliche – durchaus einleuchtende – Visionen für mehrgliedrige Einrichtungen sowie Organisationsformen des Ehrenamts beschrieben. Ferner werden mögliche Zielsetzungen des Ehrenamtseinsatzes mit Blick auf den vorhandenen Bedarf und die Wünsche seitens der Einrichtungen, Mitarbeiter und Bewohner einerseits sowie der Wünsche und Bedürfnisse der Ehrenamtlichen selbst andererseits dargestellt.
Im Mittelpunkt des folgenden Kapitels steht der ehrenamtliche Akteur selbst (Kapitel 3). Dazu erläutert die Autorin die Zugangswege zum Engagement und gibt Hinweise zur Gestaltung des Handlungsumfelds, zur Eingliederung in die Organisation sowie zu den Anforderungen an die Fort- und Weiterbildung. Das Kapitel besticht durch eine hohe Breite und Vielfalt an einzelnen Informationen, die durchaus Hilfestellungen für die praktische Umsetzung enthalten, jedoch gelegentlich etwas unübersichtlich wirken.
Um die Zielsetzungen und ermittelten Bedarfe in Beziehung zu den bereits gemachten Erfahrungen mit Ehrenamt setzen zu können, bietet Kapitel 4 eine Reihe von Vorschlägen und Erhebungsmethoden zur Erfassung der vorhandenen Formen von ehrenamtlicher Tätigkeit, der Organisationsstrukturen sowie der informellen Kooperationen an. Die vermittelten Hinweise sind nicht uninteressant, bleiben aber an der Oberfläche und sind nicht dazu geeignet, direkt umgesetzt zu werden.
Von der Gewinnung und Begleitung sowie der Organisation ehrenamtlicher Tätigkeit handelt Kapitel 5. Wie die Einbindung Ehrenamtlicher im Rahmen eines Innovationsprojektes vollzogen werden kann, wird anhand des zugrunde liegenden Projektes erläutert. Auch in diesem Abschnitt finden sich zahlreiche hilfreiche Hinweise zur Gestaltung von Werbemaßnahmen oder Einführungsgesprächen mit Ehrenamtlichen.
Die Einbindung von Angehörigen ist in diesem Zusammenhang ein oftmals vernachlässigter Aspekt von Engagement, liegen sie doch an der Grenze zwischen informellem Familiensystem und ehrenamtlichem Engagement. Kapitel 6 thematisiert insbesondere das Selbst- und Fremdverständnis von Angehörigen sowie die Formen und Möglichkeiten der Ansprache und Integration von Angehörigen in die tägliche Arbeit.
Fazit
Es steht eine Menge Brauchbares in Dinges Publikation – von der Ermittlung des Bedarfs an ehrenamtlicher Arbeit bis zum Konfliktmanagement. So ist beispielsweise die Einbeziehung Angehöriger in die Arbeit der Altenpflegeheime unter Berücksichtigung der zahlreichen damit verbundenen Facetten und Konfliktfelder positiv hervorzuheben. Insgesamt kann der selbst gesetzte Anspruch jedoch nicht ganz eingelöst werden. Aus einer Reihe von Versatzstücken aus Wissenschaft und Praxis entsteht ein buntes Mosaikbild und ein etwas eklektisch anmutender Methodenbaukasten, der zwar viel Wissenswertes enthält, jedoch wenig Orientierung bietet.
Rezension von
Prof. Dr. Michael Vilain
Evangelische Hochschule Darmstadt
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