Ingeborg Hedderich: Burnout. Ursachen, Formen, Ausweg
Rezensiert von Prof. Dr. med. et Dr. disc. pol. Andreas G. Franke, 11.06.2009
Ingeborg Hedderich: Burnout. Ursachen, Formen, Auswege.
Verlag C.H. Beck
(München) 2009.
111 Seiten.
ISBN 978-3-406-56265-5.
7,90 EUR.
Beck'sche Reihe - 2465 - C. H. Beck Wissen.
Thema und Zielsetzung
Ingeborg Hedderich will mit ihrem Buch das Thema „Burnout“ auf der Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse verstehbar machen und gibt dazu einen Überblick über verursachende Faktoren, Erscheinungsbild, Prävention und Bewältigungsstrategien.
Entstehungshintergrund/ Vorgeschichte
Ingeborg Hedderich steht in engem Kontakt mit Studierenden und Lehrkräften und somit mit einer Risikogruppe für Burnout. Zudem hat sie bereits in der Vergangenheit Forschungsprojekte zum Thema Burnout durchgeführt und betreut aktuell Forschungsprojekte zu Lehrerbelastung und Burnout.
Autorin
Frau Prof. Dr. paed. Ingeborg Hedderich studierte Sonderpädagogik der Fachrichtung Körper- und Geistigbehindertenpädagogik in Köln, wo sie auch promovierte. Nach Forschungsprojekten in Köln und Dortmund wurde sie mit einem Lehrauftrag in Leipzig betraut und später auf eine Vertretungsprofessur in Heidelberg berufen. Nach Ernennung zur Professorin für Didaktik und Methodik der Heil- und Sonderpädagogik (C3) an der Hochschule Magdeburg- Stendal (FH), mehreren Forschungsprojekten, externen Lehraufträgen, Gastdozenturen und gutachterlichen Tätigkeiten ist Ingeborg Hedderich seit 2007 Institutsleiterin des Instituts für Förderpädagogik der Universität Leipzig.
Aufbau und Inhalt
Das 111 seitige Büchlein von Ingeborg Hedderich ist in 12 übersichtliche Kapitel gegliedert.
- Nach einem kurzen Vorwort beginnt die Autorin das erste Kapitel mit zwei plastischen Beispielen zum Burnout.
- Im zweiten Kapitel bemüht sich Hedderich um eine Definition des Begriffes „Burnout“, Dabei stellt sie heraus, dass es bislang keine einheitliche und eindeutige Begriffsdefinition gibt. Der Terminus „Burnout“ wird nach wie vor nomenklatorisch nicht in der internationalen Klassifikation der Erkrankungen (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgeführt.
- Das nächste Kapitel gibt einen Überblick über die „Historie: Von der Neurasthenie zum Burnout“. Hedderich fragt eingangs, ob sich hinter dem Begriff eine „Modediagnose“ verbergen könnte, stellt aber heraus, das Symptome des Burnout zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter den Begriff der „Neurasthenie“ gefasst wurden. Die Burnoutnomenklatur ist verknüpft mit wissenschaftlichen Studien der 70-er Jahre des Psychoanalytikers Herbert Freudenberger, dem Gründervater der qualitativen, deskriptiven Burnoutforschung, und der Sozialpsychologin Christina Maslach, deren Burnoutforschung deutlicheren empirischen Charakter zeigte. Arbeits- und Organisationspsychologische Ansätze der 80-er Jahre stammen von Cary Cherniss.
- Bei der Betrachtung der Aetiologie schildert die Autorin im vierten Kapitel den Zusammenhang zwischen Burnout und langfristigem Stress und untermauert ihn mit wissenschaftlichen Daten.
- Eine Synopse der Burnout-Symptome stellt die Autorin im fünften Kapitel zusammen. Hier werden allerdings nicht nur Symptome aufgezählt, wie vor allem depressives und aggressives Verhalten, sondern auch Berufe genannt, bei denen Burnout bereits beschrieben wurde.
- „Erklärungsmodelle: Persönlichkeitsmerkmale, Arbeitsplatz, Gesellschaft“ heißt das sechste Kapitel. Die Autorin stellt drei Ansätze dar: individualpsychologische, arbeits- und organisationspsychologische und sozialwissenschaftliche Ansätze.
- Hedderich setzt sich im siebten Kapitel mit diagnostischen Instrumenten auseinander und vertieft zwei gängige, konkurrierende Messinstrumente: Maslach Burnout Inventory (MBI) und Tedium-Measure (TM). Ein aktuelles Diagnostikum ist neben den zwei etablierten Messinstrumenten das arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebnismuster (AVEM).
- Während die Autorin im achten Kapitel auf die bisher unzulänglichen Forschungsergebnisse hinweist, spezifiziert sie im neunten Kapitel „Burnout im Lehrerberuf“.
- Das kurze zehnte Kapitel widmet sich Möglichkeiten der Bewältigung und stellt sowohl Emotions- als auch Gleichgewichtstheorien vor. Im elften Kapitel beschäftigt sich Ingeborg Hedderich schließlich ausführlich mit Prävention und Intervention bei Burnout. Sie beschreibt, dass es oftmals der Betroffene selbst ist, der Diagnose Burnout stellt. Anschließend beschreibt die Autorin verschiedene Möglichkeiten der Therapie. Sie nennt zunächst den Stellenwert von Ratgeberliteratur und Selbsthilfegruppen, beschreibt die Relevanz von tiefenpsychologisch orientierten Psychotherapiemethoden und kognitiver Verhaltenstherapie, weist aber auch auf Grenzen der Psychotherapie hin. Bezogen auf die Spezifitäten von besonders gefährdeten Berufen entwickelt Ingeborg Hedderich gesundheitliche Risiko- und Schutzfaktoren, stellt alternative Arbeitszeitmodelle und Unternehmensstrukturen vor und verweist dabei auf die Niederlande. Schließlich stellt sie den Stellenwert von sozialer Unterstützung, Supervision am Arbeitsplatz und Trainingsprogrammen zur Stressbewältigung und Burnout-Prävention vor.
- Im zwölften Kapitel gibt die Autorin einen kurzen Ausblick über schützende und stärkende Faktoren, die vor der Entwicklung eines Burnout bewahren.
Zielgruppen
Eine wichtige Zielgruppe dieses Buches sind Lehrer, von denen zahlreiche von Burnout betroffen sind. Jedoch spricht das Buch auch weitere Betroffene und Interessierte an.
Fazit
Mit ihrem Buch über Burnout hat Ingeborg Hedderich Ursachen, Erscheinungsformen, Präventivmaßnahmen und Auswege aus dem Burnout wissenschaftlich fundiert verständlich für Jedermann beschrieben. Das Buch stellt einen „kleinen aber feinen“ und sehr lesenswerten Überblick über Burnout dar.
Rezension von
Prof. Dr. med. et Dr. disc. pol. Andreas G. Franke
M.A.
Professur für Medizin in Sozialer Arbeit, Bildung und Erziehung.
Hochschule der Bundesagentur für Arbeit Mannheim
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Es gibt 74 Rezensionen von Andreas G. Franke.
Zitiervorschlag
Andreas G. Franke. Rezension vom 11.06.2009 zu:
Ingeborg Hedderich: Burnout. Ursachen, Formen, Auswege. Verlag C.H. Beck
(München) 2009.
ISBN 978-3-406-56265-5.
Beck'sche Reihe - 2465 - C. H. Beck Wissen.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/7654.php, Datum des Zugriffs 07.12.2024.
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