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Regine Berger, Dietlinde Granzer (Hrsg.): Praxisbuch Selbstevaluation

Rezensiert von Dr. Monika Wilkening, 15.06.2009

Cover Regine Berger, Dietlinde Granzer (Hrsg.): Praxisbuch Selbstevaluation ISBN 978-3-407-62645-5

Regine Berger, Dietlinde Granzer (Hrsg.): Praxisbuch Selbstevaluation. Anwendung, Umsetzung und Vorlagen. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2009. 187 Seiten. ISBN 978-3-407-62645-5. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR, CH: 49,90 sFr.
Reihe: Pädagogik - Praxis.

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Autorinnen

Regine Berger ist Regierungsschuldirektorin und in der Schulaufsicht des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis tätig. Dr. Dietlinde Granzer ist Projektkoordinatorin zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) in Berlin.

Aufbau

Einleitung und Anhang, dazwischen 3 große Kapitel:

  • Praxis der Selbstevaluation
  • Materialboxen
  • Die Zukunft im Blick haben.

Der Teil Materialboxen nimmt den größten Teil des Buches ein (151 S.). Er ist unterteilt in immer gleiche 8 Unterkapitel.:

  1. Was Sie in dieser Materialbox finden
  2. Was meinen Schulleitungen?
  3. Hilfreich zu wissen (Informationen von der Fachexpertin und vom Managementexperten)
  4. Herausforderungen
  5. Stolpersteine
  6. Tipps zur Umsetzung des Themas
  7. Arbeitsmaterial
  8. Sicht der Schulaufsicht – Schulberatung

Einleitung

Diese Buch erscheint als Nachfolge von dem theoretischen Vorgängerbuch Selbstevaluation in Schulen. Theorie, Praxis und Instrumente im Kontext der Selbstevaluation.

Es beschreibt, was der Einzelne tun muss, um das umzusetzen, was in dem ersten Buch beschrieben ist. Dazu bietet es verschiedene Materialboxen mit Vorgehensweisen, Stolpersteinen, Herauforderungen, Interviews, Fragebögen, praktischen Materialien, Projektplänen an. Schulleiter/innen, Erziehungswissenschaftler und Organisationspsychologen aus ganz Deutschland informieren darüber, welche Themen in diesem Kontext bedeutsam sind, wie Erhebungsinstrumente zu erstellen sind, wie wichtige Daten zu sammeln, auszuwerten und zu analysieren sind und wie Feedback- Schleifen sicherzustellen sind.

Selbstevaluation ist eine der überzeugendsten Antworten auf Leistungs-Kritik an Schulen. Mit ihr, so sie die Schulen regelmäßig durchführen, kann die Qualität von Schule kontinuierlich durch geeignete Schulentwicklungsmaßnahmen gesteigert werden.

Praxis der Selbstevaluation

(S. 14-22)

Wolfgang Looss: Was nicht gemanagt wird, passiert nicht. Wer managen will, muss sich zuvor "selbst aufräumen und handlungsfähig machen", um dann den Menschen in der Arbeitsumgebung gegenüberzutreten, um verändern zu wollen. Intensive Kontaktaufnahme mit den Kolleg/innen ist ebenso notwendig wie strategische Planung. Arbeitsaufträge müssen delegiert werden, Rückkopplung, Nachfragen, Kontrolle müssen garantiert sein. Widerstände müssen angegangen werden.

Dietlinde Granzer: Stationen des Evaluationszyklus. In diesem Rahmen werden Daten und Erkenntnisse in folgenden Qualitätsbereichen generiert:

  • Unterrichtsergebnisse und –prozesse
  • Professionalität der Lehrkräfte
  • Schulführung und –management
  • Schul- und Klassenklima
  • Außenbeziehungen
  • Außenbeziehungen
  • Qualitätsmanagement.

Selbstevaluation muss immer vom Kollegium gewünscht und akzeptiert sein.
Die Schulleitung muss ihre führende Rolle bei der Selbstevaluation beibehalten. Auf S. 21 ist der Evaluationszyklus abgebildet, in den man nach Absprache an einer Stelle einsteigt, bestimmte Ziele in bestimmten Bereichen mit bestimmten Instrumenten fokussiert, wie man Daten sammelt, aufbereitet, interpretiert, wie Feedback und Konsequenzen aussehen können.
Dabei haben verschiedene Beteiligte am Unterricht unterschiedliche Interessen.

Materialboxen

(von Henrik Winkelmann, Dietlinde Granzer, Hans-Martin Giesler, Bernd Friedrich, Regine Berger, Katja Becker, S. 25-172)

Qualität von Unterricht, S. 25-42. Die Schulleitung formuliert Qualitätsaspekte für ihre individuelle Schule. Die Fachexpertin erklärt, von welchen Faktoren Qualität von Unterricht maßgeblich beeinflusst wird. Der Managementexperte betont noch einmal die Führungsrolle der Schulleitung, die Rahmenbedingungen zu setzen, damit sich Qualität entwickeln kann.
Das Thema, Qualität im Unterricht zu schaffen, beinhaltet große Herausforderungen und Stolpersteine. Die Schritte zur Beantwortung der Frage "Was ist für uns guter Unterricht?" werden erklärt. Mögliche Einzelkriterien dazu und daraus folgende Indikatoren werden angeboten ebenso wie allgemeine Fragebögen und ein online-Interview zur Unterrichtsqualität als Einstieg in die Diskussion. Am Ende steht eine beispielhafte Zielvereinbarung zwischen Schulverwaltung und Schulleiter.

Neue Unterrichtsformen, S. 43-60. Dies bedeutet allgemein, sich auf neue Dinge einzulassen und den Schüler/innen ein Lernumfeld zu bieten, in dem man voneinander profitiert und individuelles Lernen und selbstständiges Arbeiten gefördert wird.
Jahrgangsgemischter Unterricht – so die Fachexpertin – wird vor allem an der Grundschule praktiziert, in Schulversuchen auch in späteren Lernjahren. Der Managerexperte sieht eine neue Aufgabe für die Schulleitung, neue Entwicklungen zu antizipieren und an ihrer Schule umzusetzen.

(Anmerkung zum Aufbau der Rezension: Die in jedem Kapitel wiederkehrenden Abschnitte "Herausforderungen, Stolpersteine, Tipps zur Umsetzung des Themas, Arbeitsmaterial mit Vorgehensweisen, Fragebögen, online-Interviewfragen, Sicht der Schulaufsicht – Schulberatung mit Zielvereinbarungen zwischen beiden" werden von diesem 2. Unterkapitel an nicht mehr gesondert erwähnt.)

Kommunikation (S. 61-77). Mit Selbstevaluation geht mehr Kommunikation im Kollegium Hand in Hand. Stärken können deutlicher ausgedrückt werden, Problemfelder erkannt und gemeinsam gelöst. Auch die Fachexpertin schließt sich an, dass die Arbeit in Kollegien auf Kommunikations-, Entscheidungs- und Problemlöseprozessen beruhe. Bei Nichtgelingen der Kommunikation drohten große Probleme. Der Managerexperte beschreibt die Kunst des Führens darin, dass alle in die gleiche Richtung des Strangs ziehen. Das sei nötig, denn Kommunikation als verbindendes Element zwischen den Menschen erzeuge ein gemeinsames aufeinander abgestimmtes Handeln, das zielführend sei. Neben den Notwendigkeiten enthält Kommunikation auch große Herausforderungen, ja viele Stolpersteine, da es ein besonders sensibler Punkt des menschlichen Zusammenlebens ist.

Schülerfeedback (S. 78-90). Schüler/innen sind zahlenmäßig die größte Gruppe, das Ziel von Maßnahmen zur Selbstevaluation; jedoch sind sie gleichzeitig die "größte Unbekannte der Gleichung". (S. 79) Schülerfeedback ist mindestens genauso wichtig wie das des Kollegiums oder der Eltern; in der Realität jedoch wird es selten eingeholt. "Die Vermutung vieler Lehrkräfte und Schulleitungen, dass die Schüler/innen nicht in der Lage seien, ein zutreffendes Urteil oder eine zuverlässige Einschätzung zu geben, weil sie emotional betroffen seien oder die Komplexität der Situation kognitiv nicht überblicken können, ist nach dem derzeitigen Stand nicht haltbar. Im Gegenteil: Das Schülerfeedback ist ein wertvolles Instrument , um aus der Perspektive derjenigen, die unterrichtet werden, Informationen zum Unterricht von Lehrkräften und zu schulbezogenen Themen zu erhalten." (S. 80) Im Gegensatz zu externen Beobachtern haben sie viele Vorteile: Sie beobachten Schule über Jahre, sie sind in großer Anzahl, sie beobachten den Unterrichtsalltag. Ihr Feedback darf jedoch nicht verallgemeinert werden. Auf S. 80 werden mögliche Fragen an die Schüler/innen formuliert. Auch der Managementexperte erwähnt, dass eine Kultur der Professionalität über das Feedback der Schüler/innen als Abnehmer/innen der Dienstleistung "Professionelles Unterrichten" regelmäßig Bewertungen erlaube. Dazu mögen die Kollegien dieses in ihre progressive Kultur der kontinuierlichen Optimierung von Unterrichtsqualität integrieren. Herausforderungen seien beispielsweise, dass es derzeit noch keine Kultur des Schülerfeedbacks gebe. Dazu seien engagierte Lehrkräfte und Schulleitungen so nötig wir bildungspolitisch kommunizierte Strategien und Ressourcen und Vereinbarungen mit allen am Schulleben Beteiligten. Lehrkräfte müssten die Möglichkeit bekommen, Erfahrungen mit Schülerfeedback zu sammeln, damit sie Selbstevaluation betreiben können. Für die Lehrkräfte müssten Entlastungen bezüglich der Formulierungen in den Befragungen geschaffen werden.
Fazit: Gerade Schülerfeedback sei ein wesentlicher Meilenstein in der Optimierung von schulinternen Kernprozessen.

Konflikte bearbeiten (S. 91-110) Die gute Atmosphäre von allen am Schulleben Beteiligten ist wichtig für die gute Schule. Hinterfragen seiner eigenen Arbeit, also Selbstevaluation, führt oft zu Konflikten. Die Fachexpertin beschreibt 4 Phasen von Konfliktbehandlung. Der Managementexperte erwähnt die dazu notwendigen Spiel- und Verhaltensregeln. Konfliktbewältigung gehört zum Alltag des Schullebens. Bei der Arbeitsmaterial ist auf S. 98 ein Schema einer Prozessbeschreibung hervorzuheben.

Zusammenarbeit optimieren (S. 111-129) Dieses ist einer der größten Vorteile von Selbstevaluation. Die Fachexperten zitiert viele empirische Studien, die die nicht so intensive Zusammenarbeit von Lehrkräften belegen. Kokonstruktion bedeutet einen intensiven Austausch des Kollegiums hinsichtlich einer Aufgabe, Lösung eines gemeinsamen Problems. Tiefsitzende Überzeugungen können dadurch verändert werden. Auf organisatorischer Ebene, Sach-, Beziehungs- und Persönlichkeitsebene können Formen der Kooperation aufgebaut werden. Der Managementexperte bildet eine Steuerschleife durch Feedback ab, wobei er Top down und Bottom up Methoden beschreibt. Insgesamt tun sich beim Thema Zusammenarbeit viele Felder auf.

Bildungsstandard kompatibel unterrichten (S. 130-153) Bildungsstandards sind an vielen Schulen noch nicht in der Realität angekommen. Das große Problem ist i.a. die praktische Umsetzung. Die Fachexpertin informiert noch einmal über die Hintergründe der Bildungsstandards und der wichtigsten Studien. Laut Managementexperte sollte das Ziel sein, im System an einem Strang zu ziehen und Konkurrenz außerhalb des Systems produktiv zu nutzen. Als Arbeitsmaterialien werden zur Unterstützung exemplarisch folgende Tabellen angeboten: pyramidenförmige Anordnung zur Verortung von Bildungsstandards nach Themen oder Orten, Beispiele von Bildungsstandards im Fach Mathematik, weitere ausführliche Informationen zu Bildungsstandards allgemein, ein exemplarischer Lehrerfragebogen zu Bildungsstandards Mathematik und Deutsch in verschiedenen Klassenstufen, für Englisch wird ein Online-Kalender "Timer" angeboten zu den Schwerpunkten aus den Bildungsstandards, die bearbeitet werden sollen.

Themenorientiert arbeiten (S. 155-172) Kollegien sollten sich auf bestimmte Themen einigen, um Einzelne besser zu fördern, Schulprofile auszuprägen, Die Fachexpertin stellt Kompetenzen bei Hauptschüler/innen vor (dafür gibt es später noch Arbeitsmaterial und Interviewfragen), der Managementexperte beschreibt Spielregeln von Projektarbeit. Beispiele für Rückmeldungen für die Hauptschüler/innen und Fragebögen werden angeboten.

Die Zukunft im Blick haben

(S. 174-178). Regine Berger: Selbstevaluation – Zielvereinbarung – Bildungsmonitoring. Die Umstrukturierung des Bildungswesens bringt das klassische Selbstverständnis von Schulaufsicht ins Wanken. Sie sind das wichtigste Scharnier zwischen Schule und Bildungspolitik. Schulen arbeiten in mehr Selbstverantwortung, Teamarbeit muss selbstverständlich werden, ein neues Zeitmanagement ist erforderlich. Die Kooperation mit dem Schulamt ist ein Bottom up sowie ein Top down Prozess.

Hans-Martin Giesler: Arbeiten mit Online-Verfahren. Die Messlatte für managementtaugliche Online-Verfahren liegt sehr hoch. Schulleiter/innen sollten auf folgende Aspekte achten: sicherer Datenschutz, einfache Bedienbarkeit, professioneller Service.

Die im Buch beschriebenen Fragebögen und Team-Tools können alle unter der Homepage-Adresse des Verlages ausprobiert und online getestet werden.

Im Anhang befindet sich ein 4-seitiges Glossar mit Definitionen von Schlüsselbegriffen, das Literatur- und Autorenverzeichnis.

Fazit

In diesem Buch werden sehr viele praktische Zugänge zu verschiedenen Facetten des Themas "Selbstevaluation" angeboten, praktische Anregungen zur Qualitätssicherung und –entwicklung gegeben, erste Schritte zur Selbstevaluation vorgestellt, die Rolle der Schulleitung und der Schulverwaltung verdeutlicht, einfache fragebogenbasierte Evaluationsinstrumente zur Selbstevaluation präsentiert, technische Auswertungsinstrumente vorgestellt, die Kopplung von Selbstevaluation und Zielvereinbarung beschrieben und kostenlose Möglichkeiten zum Ausprobieren im Internet angeboten.

Das Buch ist gut lesbar bzw. leicht kapitelweise einsehbar, da alle Kapitel den gleichen Aufbau haben (s.o.: Aufbau Materialboxen).

Adressaten des sehr praxisorientierten Buches sind alle, die an schulischen Prozessen arbeiten, sei es, um bildungspolitische Vorgaben zu implementieren (wie die Bildungsstandards), sei es, um bestimmte Problemfelder im schulischen Alltag wirksam durch Anleitungen zur Selbstevaluation anzugehen.

Dabei wendet es sich nicht nur in Top down-Prozessen an den Weg Schulverwaltung-Schulleitung-Schulen, sondern ermutigt auch jede einzelne Lehrkraft (sozusagen im Bottom up-Prozess), Selbstevaluation an der eigenen Schule zu initiieren. Alle Adressaten werden durch umfangreiche praktische Tipps und Beispiele unterstützt.

Rezension von
Dr. Monika Wilkening
Gymnasiallehrerin, Autorin von Aufsätzen zur Fremdsprachendidaktik, zur Pädagogik, zu Entwicklungen von Feedback im Unterricht und Autorin von Fachbüchern zu Lernhaltungen und Lernprozessen im Unterricht.
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Es gibt 16 Rezensionen von Monika Wilkening.

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Zitiervorschlag
Monika Wilkening. Rezension vom 15.06.2009 zu: Regine Berger, Dietlinde Granzer (Hrsg.): Praxisbuch Selbstevaluation. Anwendung, Umsetzung und Vorlagen. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2009. ISBN 978-3-407-62645-5. Reihe: Pädagogik - Praxis. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/7747.php, Datum des Zugriffs 07.12.2024.


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