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Gerhard Nübel, Bernd Meißnest (Hrsg.): Körper und Seele sehen. Gerontopsychiatrie ganzheitlich

Rezensiert von Dr. phil. Dipl.-Psychol. Sven Lind, 18.09.2009

Cover Gerhard Nübel, Bernd Meißnest (Hrsg.): Körper und Seele sehen. Gerontopsychiatrie ganzheitlich ISBN 978-3-940529-20-6

Gerhard Nübel, Bernd Meißnest (Hrsg.): Körper und Seele sehen. Gerontopsychiatrie ganzheitlich. Mabuse-Verlag GmbH (Frankfurt am Main) 2009. 91 Seiten. ISBN 978-3-940529-20-6. 16,90 EUR.

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Thema

Demenzielle Erkrankungen im fortgeschrittenen Stadium mit den verschiedenen Verhaltensauffälligkeiten und auch Verhaltensstörungen waren bis Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts überwiegend ein Versorgungsauftrag der Abteilungen für die Langzeitpflege der psychiatrischen Krankenanstalten. Im Rahmen der Psychiatriereform u. a. in Gestalt einer Klinifizierung dieser meist großen Einrichtungen mittels Abbau der Chroniker- und Langzeitbereiche wurden dann die Demenzkranken auf die Altenheime verwiesen. Diese Einrichtungen waren zu dieser Zeit noch überwiegend Altenheime für relativ rüstige Senioren mit angeschlossenen Pflegeabteilungen. Im Laufe der Jahre wandelte sich nun der Heimbereich hin zu Pflegeeinrichtungen. Mit der Einführung der Pflegeversicherung verschwanden die klassischen Altenheime gänzlich aus der Versorgungslandschaft. Sie wurden zunehmend durch Einrichtungen des Betreuten Wohnens ersetzt. Salopp ausgedrückt lässt sich konstatieren, dass die Demenzkranken mittlerweile die Pflegeheime „erobert“ haben angesichts des Sachverhaltes, dass diese Personengruppe oft mehr als 70 und 80 Prozent der Bewohnerschaft ausmacht. Bedingt durch die demographische Alterung, die auch mit einer Zunahme der Demenzkranken einhergeht, werden zur Zeit auch wieder die Krankenhäuser, überwiegend im Bereich der Akutversorgung, mit der Aufgabe konfrontiert, Demenzkranke angemessen zu behandeln und zu pflegen.

Diese Entwicklung hin zur zunehmenden Alzheimerisierung der verschiedenen Versorgungseinrichtungen drückt sich in dem vorliegenden Textband eines Symposiums nieder, der u. a. sowohl Fragestellungen der Krankenhäuser als auch der Pflegeheime beinhaltet.

Aufbau und Inhalt

Der Inhalt der Publikation besteht aus einem Vorwort und acht Beiträgen, die aller Wahrscheinlichkeit nach als Referate oder Werkstattbeiträge auf dem Symposium vorgetragen wurden.

  1. Ernst Meißnest setzt sich in seinem Vortrag „Menschenwürde im Krankenhaus“ kritisch mit den Gegebenheiten in den psychiatrischen Krankenhäusern unter dem Aspekt einer patientengerechten Versorgung auseinander.
  2. Werner Reininghaus beschäftigt sich in seinem Beitrag „Oder tut Ihnen etwas weh?“ mit der der Schmerzerkennung und Schmerzbehandlung bei Demenzkranken auseinander, wobei er u. a. eine bestimmte Medikamentengruppe beschreibt.
  3. Helmut Fronhofen verweist in seinem Referat „Schlaf und Schlafstörungen. Wege zu einer guten Nacht“ auf Besonderheiten des Schlafverhaltens Demenzkranker hin und gibt Empfehlungen, wie der Schlaf dieser Patientengruppe positiv beeinflusst werden kann.
  4. Eckhard Feddersen als Architekt erläutert in seinem Vortrag „Wohnen heißt Wählen – Vielfalt als Gütezeichen. Am Beispiel des Kompetenzzentrums Demenz Nürnberg“ Schwerpunkte für die räumliche Gestaltung der Wohnbereiche für Demenzkranke in Altenpflegeheimen. Zugleich verwehrt er sich trotz internationaler Erfahrungen und Erkenntnisse gegen eine „Demenz-Architektur“.
  5. Claus Fussek referiert über die Thematik „Wenn man einem Menschen seine Würde nimmt, dann hört er auf zu leben!‘ oder ‚Wer verdient an der schlechten Pflege?‘“. Hierbei verweist er auf eklatante Missstände in der stationären Altenpflege, den ökonomischen Druck, das offene Gewinnstreben und die Irrationalismen der Pflegeversicherung anhand des Trends, in eine „höhere Pflegestufe hinein zu pflegen“.
  6. Elke Müller expliziert in ihrem Beitrag „Hier kann ich nicht bleiben, ich muss nach Hause‘ – Zur Situation von Menschen mit Demenz im Krankenhaus“ ein Projekt zur Verbesserung des Umganges mit Demenzkranken in einem Krankenhaus mittels Fortbildung über demenzspezifische Verhaltens- und Reaktionsweisen und entsprechende Interventionsmaßnahmen.
  7. Maria von Oertzen, Thomas Feld, Katja Hornberg-Dobra und Walburga Körtling stellen in ihren Beitrag „Demenz – ein Blick in die Literatur. Autobiografie, Roman, Krimi, Kinder- und Jugendbücher“ anhand von kurzen Inhaltsangaben einige Bücher aus diesem Genre vor.
  8. Judith Schmitz stellt in ihrem Referat „Altenhilfe- und Pflegeplanung im Kreis Gütersloh“ in knapper Form die Schwerpunkte der Aufgabenfelder „Offene Seniorenarbeit“, „Pflege- und Wohnberatung“ und „Kommunale Pflegeplanung“ vor.

Diskussion

Es kann konstatiert werden, dass hier solides Fachwissen mit einer starken Ausrichtung auf konkrete Praxisbezüge zusammengefasst wurde. Es geht hier vorrangig um Konzepte und Strategien der Verbesserung der Pflege- und Betreuungsleistungen der Demenzkranken in den verschiedenen Einrichtungstypen.

Befremdlich und damit zugleich zu kritisieren sind folgende Aspekte, die eher formalen Charakter besitzen:

  • Den Lesern des Tagungsbandes wird der Zeitpunkt des Symposiums vorenthalten. Es fand am 9. April 2008 statt, ermittelt durch eine Recherche im Internet seitens des Rezensenten.
  • Auch erfährt der Leser nichts über den Veranstalter und die Vorgeschichte dieser Veranstaltungsreihe. Die Gütersloher Gerontopsychiatrischen Symposien werden von der Psychiatrischen Klinik in Gütersloh durchgeführt.
  • Des Weiteren werden in der Veröffentlichung keinerlei Hinweise über die Referenten hinsichtlich ihres beruflichen Hintergrundes angegeben. Dies ist umso erstaunlicher, da im Programmfaltblatt des Symposiums diese Informationen angeführt werden.

Diese vermeidbaren und eigentlich unverständlichen Mängel gehen nach Einschätzung des Rezensenten eindeutig zulasten der Herausgeber und des Lektorats des Verlages.

Fazit

Der vorliegende Tagungsband enthält in teils sehr knapper Form einige Problemdarstellungen und Lösungsansätze in der institutionellen Versorgung Demenzkranker. Aus diesem Grund kann diese Veröffentlichung eigentlich nur den Teilnehmern des 13. Gütersloher Gerontopsychiatrischen Symposiums zur Lektüre empfohlen werden.

Rezension von
Dr. phil. Dipl.-Psychol. Sven Lind
Gerontologische Beratung Haan
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Zitiervorschlag
Sven Lind. Rezension vom 18.09.2009 zu: Gerhard Nübel, Bernd Meißnest (Hrsg.): Körper und Seele sehen. Gerontopsychiatrie ganzheitlich. Mabuse-Verlag GmbH (Frankfurt am Main) 2009. ISBN 978-3-940529-20-6. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/7817.php, Datum des Zugriffs 16.09.2024.


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