Nicolas Krämer: Strategisches Kostenmanagement im Krankenhaus
Rezensiert von Prof. Dr. Winfried Zapp, 08.12.2009

Nicolas Krämer: Strategisches Kostenmanagement im Krankenhaus. Anwendung unter besonderer Berücksichtigung von DRG-Fallpauschalen.
Verlag Dr. Kovač GmbH
(Hamburg) 2009.
466 Seiten.
ISBN 978-3-8300-4188-7.
98,00 EUR.
Schriftenreihe Gesundheitsmanagement und Medizinökonomie - Band 8
Thema
Wenn auch die Gesundheitsbranche boomt, so sind die Folgen nicht unübersehbar, die damit einhergehen: Die finanziellen Rahmenbedingungen können mit dieser Entwicklung nicht mithalten. Die Einführung der DRG´s hat dabei nicht Abhilfe geschaffen, vielmehr müssen sich die Krankenhäuser diesem System anpassen: Verweildauerverkürzungen, um finanzielle Nachteil zu vermeiden, Anpassung der Kosten an die Erlöse, weil letztere ein Datum sind. Um hier das Krankenhaus betriebswirtschaftlich lenken zu können, sind genaue Kosteninformationen erforderlich. Die dafür erforderlichen Instrumente liegen in den Krankenhäusern oft nicht vor. Die Einführung des Kalkulationshandbuchs führt zu Verrechnungen, bei denen die Praktikabilität der ursachengerechten Vermittlung untergeordnet wird (6). Hier setzt die Arbeit an, um durch strategisch ausgerichtete Kostenmanagementstrategien lenkungsrelevante Daten zu generieren. Dabei sind die betriebswirtschaftlich relevanten Instrumente auf ihre Tauglichkeit für das Krankenhaus zu überprüfen, wobei der prozessuale Charakter der Leistungserstellung Berücksichtigung finden muss (7).
Aufbau und Inhalt
Das Buch beginnt mit den Grundlagen und Begriffsdefinitionen, um darauf aufbauend ein strategisches Kostenmanagement zu entwickeln.
Während im ersten Kapitel die Problemstellung und die Vorgehensweise beschrieben werden, beginnt im zweiten Kapitel die Analyse des Krankenhaussektors. Neben der Bedeutung des Gesundheitsmarktes für die Volkswirtschaft werden hier die Kennzeichen eines Krankenhausbetriebes und der Krankenhausleistungen sowie das Finanzierungssystem beschrieben.
Im dritten Kapitel werden die Grundlagen der Kostenrechnung in Bezug auf das Krankenhaus analysiert. Die Ausführungen beinhalten die wesentlichen Kenntnisse in diesem Bereich. Die kritischen Ausführungen zu den PPR-Minuten sind zu hinterfragen. Eine Abweichung von Ist- und Standardvorgaben kann nach Meinung des Autors als Beleg dafür angegeben werden, dass die PPR-Minuten „für eine verursachungsgerechte Abbildung der Tätigkeiten … ungeeignet“ (98) sind. Aber trifft das zu, und gibt es eine verursachungsgerechte Verteilung überhaupt? Ebenso ist der Behauptung kritisch zu begegnen, dass die Äquivalenzziffernrechnung ungeeignet ist (98) und homogene Kostenkausalität nicht vorliegt. Bei dem Aufbau von Kostenmanagement geht es mehr um Lenkung als um Kalkulation. Die Suche nach verursachungsgerechten Schlüsseln (98-99) zeigt, dass hier aber mehr die Frage der Kalkulation angegangen wird.
Im vierten
Kapitel werden
die Grundlagen für das Kostenmanagement gelegt. Hier werden Ausführungen über
den monetären Aspekt hinaus gelegt. Aber auch hier ist die
Aussage, dass Standards aus Normalkosten abzuleiten sind (131)
vorsichtig zu hinterfragen.
Wenn auf den Teilkostenaspekt wert
gelegt wird, ist die positive Grundeinstellung zu der
vollkostenorientierten Prozesskostenrechnung zu bezweifeln. Ein
Überblick zeigt die möglichen Instrumente auf, von denen
dann einige wesentliche herausgearbeitet werden. Die Systematik
unterscheidet:
- produktbezogene
- bereichsbezogene
- aktivitätsbezogene Prozessbeeinflussungsstrategien.
Im weiteren Verlauf werden dann
- die Prozesskostenrechnung und
- dass Target Costing beschrieben.
Die Ausführungen stellen allgemeine betriebswirtschaftlichen Ausführungen dar, wobei eine Anwendung auf das Krankenhaus unterbleibt.
Im fünften
Kapitel wird ein Modell eines strategischen
Kostenmanagements beschrieben. Ausgangspunkt hier sind die
Behandlungsprozesse. Dieses Kapitel zeichnet sich durch eine hohe
Bindung an das Krankenhaus aus.
Auch hier spielen die Verrechnungen
eine wichtige Rolle. Die Abgrenzung von ambulanten und stationären
Leistungen wird dabei zu kurz gehalten. Der Hinweis bei der
Röntgendiagnostik auf den Mobilitätsfaktor ist
hervorzuheben; seine Bedeutung und Sinnhaftigkeit hätte
intensiver und bezogen auf die Kostenstellen ausgeführt werden
müssen, die davon betroffen sind. Auch die Verrechnung von
Gebäude usw. sprechen klar für die Vollkostenmethode, wo
doch aber die Teilkosten als Lenkungsinstrument herausgearbeitet
wurden (siehe auch 203ff). Auch die differenzierte Unterscheidung der
Arztgehälter (201) vernachlässigt die Frage, ob dieser
Aufwand mit dem Nutzen kompatibel ist. Mit in das Prozessdenken
hinein genommen wird dann auch das Target Costing (210). Im Verlauf
der Arbeit wird deutlich, dass dieses Instrument ein wichtiges
Instrument ist, um Einsparpotentiale zu verdeutlichen und Strategien
der Reduzierung deutlich zu machen.
Den Ausführungen zur
Reorganisation von Prozessen (220) ist nicht zu widersprechen, die
Frage ist nur die, ob dazu eine Prozesskostenrechnung notwendig ist.
Denn in dem weiteren Verlauf werden nicht kostenrechnerische
Instrumente aufgezählt, die helfen sollen organisatorische
Maßnahmen zu ergreifen (224). Die Reorganisationsmaßnahmen
werden dann wieder in Vollkostenmodellen verrechnet.
Im weitren Verlauf werden weitere
sinnvolle strategische Handlungsoptionen beschrieben aus dem Bereich
des Portfoliomanagement, mit
- Erfolgsbeitragsportfolio
- Casemixoptimierung
- Kooperationen
Das sechste Kapitel stellt das Instrument im Hinblick auf Investitionsentscheidungen dar. Hier ist der Begriff Investition auf die Implementierung eines Kostenmanagements bezogen; nicht auf die Abgrenzung Investition – Betriebskosten. Auch hier findet eine Vollkostenrechnung Anwendung; auch im Vergleich mit Inek Daten (286).
Das siebente Kapitel fasst die Ergebnisse zusammen.
Zielgruppe
Das Buch ist besonders geeignet für die Mitarbeiter, die sich mit DRG’s beschäftigen und auf de Suche nach Gestaltungsvorschlägen sind. Das Buch kann auch gut für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen eingesetzt werden, um durch Beispiele hilfreiche Anwendungen zu verdeutlichen.
Und schließlich ist das Buch für Studierende einsetzbar, um Ihnen die Vermittlung des umfangreichen Stoffes; zur Auseinandersetzung um die Voll- und Teilkostenrechnung und um das Begriffspärchen „Kalkulation und Lenkung“ zu diskutieren.
Diskussion
Das Buch ist theoretisch fundiert und pragmatisch formuliert. Es weist eine Vielzahl von Beispielen auf und es hat das gesamte Spektrum der Kostenrechnung umschrieben. Mit dieser Darstellungsform werden so die Inhalte prägnant analysiert. Die Diskussion um Kostenmanagementstrategien im Krankenhaus sind unabdingbar. Das ist das Verdienst dieses Buches, hier auf die Problemstellung hinzuweisen, sie anzugehen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Damit einher geht ein wenig die Tiefenschärfe verloren bezogen auf die großen Auseinandersetzungen und Widersprüche um die Teil- und Vollkostenrechnung als Lenkungs- und Kalkulationsinstrument.
Fazit
Dem Autor ist es mit diesem Buch gelungen, ein wichtiges Thema aufzugreifen. Hinsichtlich der Abgrenzung und der Ausrichtung unterschiedlicher Rechensysteme hätte man sich mehr Klarheit gewünscht. Die pragmatische und anwendungsorientierte Darstellung sind hervorzuheben. Dem Buch ist eine rege Diskussion aus den unterschiedlichen Bereichen der Praxis, der Weiterbildungsinstitutionen und der Studierenden zu wünschen.
Rezension von
Prof. Dr. Winfried Zapp
HS Osnabrück, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Lehrgebiet: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Rechnungswesen, insbesondere Controlling im Gesundheitswesen
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Zitiervorschlag
Winfried Zapp. Rezension vom 08.12.2009 zu:
Nicolas Krämer: Strategisches Kostenmanagement im Krankenhaus. Anwendung unter besonderer Berücksichtigung von DRG-Fallpauschalen. Verlag Dr. Kovač GmbH
(Hamburg) 2009.
ISBN 978-3-8300-4188-7.
Schriftenreihe Gesundheitsmanagement und Medizinökonomie - Band 8.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/7870.php, Datum des Zugriffs 28.06.2022.
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