Jürgen Zulley, Barbara Knab: Unsere innere Uhr
Rezensiert von Prof. Dr. habil. Gisela Thiele, 22.06.2009

Jürgen Zulley, Barbara Knab: Unsere innere Uhr. Natürliche Rhythmen nutzen und der Non-Stop-Belastung entgehen.
Mabuse-Verlag GmbH
(Frankfurt am Main) 2009.
223 Seiten.
ISBN 978-3-940529-32-9.
12,90 EUR.
Reihe: Erste Hilfen - Band 1.
Thema
Die Chronobiologie ist eine junge Wissenschaft, die sich u.a. mit unserer inneren Uhr beschäftigt, die nie, wenn wir das Leben umorganisieren, unbeteiligt bleibt. Die Herausgeber sind Jürgen Zulley, Diplom Psychologe, Professor für Biologische Psychologie, der seit über 30 Jahren in der Schlafforschung arbeitet sowie Dr. Barbara Knab Psychologische Psychotherapeutin und Wissenschaftsjournalistin. Die vorliegende Publikation gibt einen Überblick über die bisher gewonnenen Erkenntnisse der Chronobiologen und gibt Rat, wie dieses Wissen für unsere alltägliche Lebensgestaltung genutzt werden kann. Die Autoren wenden sich bewusst und direkt an ein allgemeines Publikum, weil Texte für Fachleute nicht die Öffentlichkeit erreichen würden (S. 12).
Aufbau …
Das Buch ist neben der Einleitung in 15 Kapitel unterschiedlicher Länge untergliedert.
… und Inhalte
Im ersten Kapitel „Chronobiologie – das Leben in der Zeit“ werden zunächst wichtige Begrifflichkeiten erklärt und kurz in die historische Entwicklung der Chronobiologie eingeführt.
Das zweite Kapitel zur Thematik „Erde und Sonne, Zeit und Mensch“ setzt sich mit den astronomisch – geographischen Ursachen der Zeitstruktur auf der Erde auseinander. Erst 1911 definierte man die noch heute gültigen vierundzwanzig Zeitzonen.
Kapitel drei „Unsere Verwandten – Rhythmisches bei Tieren“ beschäftigt sich damit, ob und wenn ja, welche Tiere wie lange schlafen. Unter den Tieren gäbe es Langschläfer wie Fledermaus, Stachelschwein und Igel, die siebzehn bis zwanzig Stunden schlafen, Katzen und Nagetiere benötigen zwölf bis fünfzehn Stunden Schlaf, wohingegen Giraffen, Rehe, Pferd, Kuh und Elefant Kurzschläfer sind (zwei Stunden Schlaf).
Im vierten Kapitel „Von Null bis Hundertzwanzig – Rhythmusänderungen im Laufe des Menschenlebens“ wird thematisiert, dass beispielsweise der nächtliche Geburtengipfel ein natürlicher Rhythmus des Menschen sei (S. 50). Mit ca. fünf Jahren sind Schlafen und Wachen zirkadian, d.h. sie sind mit Tag und Nacht „synchronisiert“. Bei älteren Menschen verliert sich allmählich diese Synchronisation wieder.
Das fünfte Kapitel ist mit dem Titel „Der natürlichen Rhythmik auf der Spur – die Andechser Versuche“ überschrieben. Hier wird die Andechser Studie vorgestellt, in der „Zeitlosigkeit“ hergestellt wurde, um die spezifischen Rhythmen auf der Erde nachzeichnen zu können (S. 60).
In Kapitel sechs „Menschen in zeitloser Umgebung - wenn Rhythmen frei laufen“ werden die Ergebnisse der Studie beschrieben. Danach soll die Körpertemperatur direkter als der Rhythmus zwischen Schlaf und Wachsein von unserer inneren Uhr gesteuert werden. Weitere veränderte Versuchsbedingungen werden benannt und ausgewertet.
Kapitel sieben „Zeitgeber – wie die unterschiedlichen Rhythmen zusammenkommen“ thematisiert die Ergebnisse der Andechser Studie unter anderen Gesichtspunkten. Es wird nachgewiesen, dass die innere Uhr des Menschen im 25 – Stunden – Takt schlage, der astronomische Tag aber eine Stunde kürzer sei. Innerhalb eines Tages würden wir automatisch diesen Zeitunterschied ohne Probleme synchronisieren (S. 85). Des Weiteren wurden bestimmte Zeitgeber und deren Auswirkungen auf den Menschen untersucht.
Das folgende Kapitel „Was den Takt schlägt – Innere Uhren“ beginnt mit der Feststellung: „Es gibt eine Innere Uhr. Und es gibt nicht nur eine, sondern mehrere“ (S. 98). Das Zirbeldrüsenhormon „Melatonin“ sei verantwortlich für die Steuerung unserer Inneren Uhren, wobei es zusätzlich eine übergeordnete Steuerungseinheit gäbe, die alles im Blick hätte.
Im neunten Kapitel wird „Schlafen und Wachen als zirkadianer Rhythmus“ untersucht. Nachgewiesen werden konnte die ständige Aktivität der Nervenzellen von Geburt bis zum Tod. Nervenzellen würden zwar immer arbeiten, aber nicht gleichmäßig. Die durchschnittliche natürliche Schlafdauer eines erwachsenen Menschen betrage fünf bis zehn Stunden.
Im zehnten Kapitel „Siesta – die Chronobiologie rehabiliert den Mittagsschlaf“ wird über den Schlaf zur Mittagszeit diskutiert, der kurz sein kann und sollte, weil der eigentliche Schlaf der Nacht vorbehalten werden sollte.
In Kapitel elf „Schlafentzug – warum schlafen wir eigentlich?“ wird die Frage gestellt, was passieren würde, würden wir nicht schlafen? Dazu gab es eine Reihe von Forschungen insbesondere bei Tieren, wodurch angenommen wird, auch Menschen sterben, wenn sie am Schlafen gehindert werden.
Mit „Es werde Licht – Sonne, Lampen und Gesundheit“ ist Kapitel zwölf überschrieben. Hier wird von einer „Saisonal Abhängigen Depression gesprochen, die durch Mangel an Licht in den Wintermonaten verursacht werde. An der Winterdepression leide jeder Zehnte in unseren Breitengraden. Die heilende Wirkung des Lichts verhelfe dem Menschen zu besserer Gesundheit (S. 166).
Das folgende Kapitel „Wenn Rhythmen gestört werden – Schichtarbeit, Jet Lag und Sommerzeit“ setzt sich zunächst mit der Schichtarbeit auseinander. Langfristig führe sie zu gravierenden körperlichen und psychischen Problemen, weil zu chronobiologisch falscher Zeit geschlafen werde. Der Schlaf sei kürzer und er enthalte weniger Tiefschlaf. Ursache des Jet – Lag sei der Abstand zwischen der Zeit der Landung und der biologischen Zeit des Menschen vom Abflugort.
Im vorletzten Kapitel „Unfälle – die Kosten der Müdigkeit in der Non – Stop – Gesellschaft“ werden Beispiele von Unfällen aufgeführt, die durch Müdigkeit hervorgerufen worden sind und deren individuelle und gesellschaftliche Kosten thematisiert.
Das fünfzehnte und damit letzte Kapitel „Schlafen in die Katastrophe? – Nein danke!“ beschäftigt sich u.a. mit der Uhren-, der Ereignis- und der biologischen Zeit. Das Diktat der Uhrenzeit scheine zu Ende zu gehen, die biologische Zeit sei gegenwärtig neben der Ereigniszeit bestimmender. Wichtig wäre es, eine Balance zwischen diesen Zeiten zu finden – die Möglichkeiten der Moderne nutzen, nicht aber uns benutzen lassen.
Fazit
Die vorliegende Publikation liest sich schnell und deren Inhalt kann problemlos verstanden werden. Es ist eine interessante Thematik, die bewusst für Laien aufbereitet wurde und die viele alltagspraktische Verallgemeinerungen zulässt, an denen wir uns orientieren können. Die Andechser Versuche und deren Ergebnisse bereichern die Aufbereitung von wissenschaftlichen Themen, sie ziehen sich durch die gesamte Lektüre und erleichtern zusätzlich das leichte Verstehen. Insofern konnte hier auf Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels leicht verzichtet werden.
Rezension von
Prof. Dr. habil. Gisela Thiele
Hochschule Zittau/Görlitz (FH)
Berufungsgebiete Soziologie, Empirische
Sozialforschung und Gerontologie
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