Suche nach Titel, AutorIn, RezensentIn, Verlag, ISBN/EAN, Schlagwort
socialnet Logo

Wolfgang Hien: Pflegen bis 67?

Rezensiert von Susanne Schüler, Univ.-Prof. Dr. Bernd Seeberger, 26.10.2009

Cover Wolfgang Hien: Pflegen bis 67? ISBN 978-3-940529-42-8

Wolfgang Hien: Pflegen bis 67? Die gesundheitliche Situation älterer Pflegekräfte. Mabuse-Verlag GmbH (Frankfurt am Main) 2009. 226 Seiten. ISBN 978-3-940529-42-8. 19,90 EUR.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.

Kaufen beim socialnet Buchversand
Kaufen beim Verlag

Autor und Thema

Dr. Wolfgang Hien, Arbeitswissenschaftler und Medizinsoziologe aus Bremen, hat sich bereits in verschiedenen Publikationen mit arbeitsbedingten Erkrankungen bei älteren Beschäftigten verschiedener Berufsgruppen auseinandergesetzt. In seiner Funktion als Leiter des Forschungsbüros für Arbeit, Gesundheit und Biografie und Lehrbeauftragter für Public Health an der Universität Bremen richtet sich seine Forschungsperspektive auf die Gesundheitsförderung und Prävention im Berufsalltag. In der Abhandlung „Pflegen bis 67? – Die gesundheitliche Situation älterer Pflegekräfte“ versucht Hien die Frage zu klären, weshalb eine doch beträchtliche Zahl an Pflegepersonen aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig den Beruf verlässt. Und was getan werden muss, damit ältere Pflegepersonen ihren Beruf länger ausüben können.

Inhalt

Rationalisierungen in Krankenhäusern, schlechte Arbeitsbedingung in Altenpflegeeinrichtungen und der dadurch entstehende Pflegepersonalmangel sind weitläufig bekannt. Die Ursachen hierfür und die Ansichten der Pflegepersonen bleiben jedoch weitgehendst verborgen.

Hien jedoch nimmt sich dieses Problems an und greift die Situation der Pflegepersonen in Deutschland auf und beleuchtet dies wissenschaftlich. Er analysiert die Arbeitsbedingungen der Pflegepersonen in Bremer Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.

Im Mittelpunkt seiner Studie stehen Expertengespräche und Betroffeneninterviews, dadurch erhält er einen genauen Einblick in die Arbeitssituationen des Pflegeberufes. Hien beschreibt anfangs seine Fragestellung und seine Forschungsmethode.

Anschließend geht er auf die gegenwärtige Bedeutung der Pflegearbeit ein und schildert hier - belegt durch statistische Daten - die steigende Arbeitsbelastung und den wachsenden Druck, der auf den Pflegepersonen lastet. Hervorzuheben ist die Unterscheidung zwischen der stationären Krankenpflege und der stationären und ambulanten Altenpflege. Im Krankenhaus entstehen Belastungen durch einen steigenden Kostendruck und dem bestehenden Konflikt zwischen Medizin und Pflege. Im stationären und ambulanten Altenpflegebereich ist es die zunehmende Reduzierung der patientenbezogenen Zeiten und die unregelmäßigen Arbeitszeiten der Pflegepersonen.

Schlussfolgernd durch diese Belastungen geht Hien auf Erkrankungen und die Frühberentung älterer Pflegepersonen ein. Die Auswertung seiner Betroffeneninterviews zeigen, dass fehlende Unterstützung, Anerkennung und Wertschätzung bereits bestehende, meist psychische Erkrankungen, verstärken. Ein geringer Handlungsspielraum bei der eigenen Arbeit steht hier als der bedeutsamste krank machende Faktor in der Arbeitswelt. Hien hebt im gleichen Augenblick die Potenziale älterer Pflegepersonen hervor und betont deren Erfahrungswissen, Verantwortungsbewusstsein und Gelassenheit. Zahlreiche aufgeführte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse belegen den Zusammenhang zwischen Belastung und Erkrankung und geben Möglichkeiten zur Verbesserung. Diese werden jedoch bewusst oder unbewusst nicht wahrgenommen oder verdrängt.

Gesundheitsförderliche Maßnahmen für ältere Pflegepersonen liegen nach Hien in der Verantwortung der Organisationsgestaltung – in den strukturellen Arbeitsbedingungen – aber auch in der persönlichen Haltung einer jeden Pflegeperson. Denn gerade im Pflegeberuf besteht die Gefahr der Selbstüberforderung und Überidentifikation mit der Berufsrolle. Jede Pflegeperson selbst muss zwischen dem organisatorisch Realisierbarem und dem ethisch Vertretbaren abwägen. Hien erhebt den Anspruch, dass Pflegepersonen vor äußeren und inneren Überforderungen und Angriffen geschützt werden müssen. Für den Erhalt von Gesundheit und Arbeitsfähigkeit älterer Beschäftigter fordert Hien Investitionen für gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen. Zudem muss das Erfahrungswissen ältere Pflegepersonen aufwertet und deren Handlungsspielraum erweitert werden.

In dieser Abhandlung lässt Hien seinen Erkenntnissen auch eindeutige Forderungen folgen, um die derzeitige Situation in der Pflege zu verbessern und das Arbeitsfeld der Pflege auch im Alter noch attraktiv zu gestalten.

Fazit

Durch die aufgeführten Mitschriften aus den Expertengesprächen und den Betroffeninterviews bekommt der Leser einen guten Einblick in einzelne Situationen der Pflege, welche sonst oft verborgen bleiben. Hien ist es mit dieser Anhandlung gelungen, der Pflege eine fordernde Stimme zu verliehen. Er hat strukturelle Probleme im Gesundheitssektor angeprangert und Handlungsempfehlungen vorgegeben. Es gilt nun, diese zu bearbeiten!

Rezension von
Susanne Schüler

Univ.-Prof. Dr. Bernd Seeberger
Institut für Pflegewissenschaft, Department für Pflegewissenschaft und Gerontologie
UMIT – Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik in Hall in Tirol
Website
Mailformular

Es gibt 1 Rezension von Susanne Schüler.
Es gibt 1 Rezension von Bernd Seeberger.

Zitiervorschlag anzeigen Besprochenes Werk kaufen

Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt. Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns. Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.


socialnet Rezensionen durch Spenden unterstützen
Sie finden diese und andere Rezensionen für Ihre Arbeit hilfreich? Dann helfen Sie uns bitte mit einer Spende, die socialnet Rezensionen weiter auszubauen: Spenden Sie steuerlich absetzbar an unseren Partner Förderverein Fachinformation Sozialwesen e.V. mit dem Stichwort Rezensionen!

Zur Rezensionsübersicht

Sponsoren

Wir danken unseren Sponsoren. Sie ermöglichen dieses umfassende Angebot.

Über die socialnet Rezensionen
Hinweise für Rezensent:innen | Verlage | Autor:innen | Leser:innen sowie zur Verlinkung

Bitte lesen Sie die Hinweise, bevor Sie Kontakt zur Redaktion aufnehmen.
rezensionen@socialnet.de

ISSN 2190-9245