Monika Alisch (Hrsg.): [...] Sozialraumorganisation und Gesundheitsinformation
Rezensiert von Prof. Dr. Werner Schönig, 09.03.2010
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Monika Alisch (Hrsg.): Lesen Sie die Packungsbeilage ... ?! Sozialraumorganisation und Gesundheitsinformation.
Verlag Barbara Budrich GmbH
(Opladen, Berlin, Toronto) 2009.
245 Seiten.
ISBN 978-3-86649-253-0.
D: 24,90 EUR,
A: 25,60 EUR,
CH: 44,00 sFr.
Reihe: Beiträge zur Sozialraumforschung - 3.
Thema
Die Logik der Sozialraumorientierung liegt nicht zuletzt darin, dass sich die sozialen Dienste vor Ort zunehmend spezialisieren, dass diese Spezialisierung immer wieder an ihre Grenzen stößt und dass daher vor Ort sozialräumlich vernetzt werden muss. Dabei kommt es in der Regel auch zu einem Austausch über die Grenzen der eigenen Profession. Dieser wiederum klart den Blick auf Querschnittsthemen wie z.B. auch die Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung.
Vielerorts wurde in den letzten Jahren spürbar, dass die Gesundheitsversorgung gerade auch in den sozial benachteiligten Stadtteilen schmerzliche Lücken offenbart und dies vor allem mit Blick auf die Facharztdichte und das Angebot spezialisierter Therapeuten. Der Mangel an Infrastruktur bedeutet eine spürbare Schwelle bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, da die im Stadteil wohnenden Patienten gezwungen, recht weite Wege zurückzulegen. Dem stehen psychologische und monetäre Schranken entgegen. Darüber hinaus sind das Gesundheitsverhalten und der Gesundheitszustand der Bewohner in sozial benachteiligten Stadtteilen in der Regel unterdurchschnittlich und gelegentlich sogar dramatisch schlecht. Gerade in Multiproblemfamilien ist Krankheit ein Dauerthema, so dass es Sinn macht, sich vor Ort massiv in der Gesundheitsförderung zu engagieren.
Es ist daher sehr zu begrüßen, dass Monika Alisch mit dem von ihr herausgegebenen Sammelband auf die Relevanz des Gesundheitsthemas für die Sozialraumorientierung fokussiert. Sie knüpft damit an eine Fülle von Projektbeispielen vor Ort an und gibt zudem Impulse zur konzeptionellen Weiterentwicklung.
Zielgruppe
Die Zielgruppe des Bandes ist daher – wie auch diejenige Autorinnen und Autoren – sowohl in der Praxis als auch in der Wissenschaft zu suchen. Relevante Arbeitsschwerpunkte sind dabei Sozialraumorientierung und soziale Dienste, Sozialplanung und kommunale Gesundheitspolitik sowie verwandte Themenfelder wie z.B. Familienhilfe, Altenarbeit und Corporate Citizenship.
Aufbau und Inhalt
Der Band ist in vier Hauptkapitel mit insgesamt zwölf Beiträgen gegliedert.
Auf eine Einleitung folgen Beiträge zu konzeptionellen und strukturellen Rahmenbedingungen, zur Sozialraumanalyse I mit Blick auf Lebensbewältigung und Raumaneignung, zur Sozialraumanalyse II mit Blick auf institutionelle Ressourcen und schließlich zur Strukturbildung und nachhaltigen Gesundheitsförderung.
Positives Hauptmerkmals des Bandes ist es, dass sich zum einen die Autor/innen theoretisch-wissenschaftlicher Beiträge (z.B. Alisch, Dangschat und Straka/Klotter) um einen Praxisbezug und eine Berücksichtigung aktueller Entwicklungen bemühen. Zum anderen gelingt es den Praktiker/innen (z.B. Hubertus, Endres/Scarbata und Boos-Krüger/Pallmeier) ihre Projekte konzeptionell einzuordnen. Letztlich sind die Beiträge kaum nach ihrer Provenienz zu unterscheiden und gerade dies kann als bemerkenswerte editorische Leistung hervorgehoben werden.
Hinsichtlich des Spektrums abgedeckter Themen, Aspekte und Projekte ist eine gewisse Beschränkung unvermeidlich. Jedoch wird bei der Lektüre deutlich, dass der vergleichsweise bescheidene Seitenumfang des Bandes (knapp 250 Seiten) vielleicht eher eine stärkere Fokussierung auf Teilaspekte nahegelegt hätte. Mögliche Schwerpunktsetzungen wären z.B. die Altenarbeit, die besonderen Probleme von Menschen mit Migrationshintergrund, sozialmedizinische Erläuterungen oder aber das Engagement örtlicher Unternehmen gewesen, was einen schärferen Blick auf unterschiedliche Ansätze und kontroverse Aspekte gebracht hätte. Indem sich die Herausgeberin jedoch für eine gleichsam lehrbuchartige Abdeckung eines breiten Themenspektrums mit recht knappen Einzelbeiträgen entschieden hat, werden viele Aspekte notwendigerweise nur angerissen. So richtet sich der Band wohl weniger an die Experten aus Theorie Praxis, die eine größere Bearbeitungstiefe und Fokussierung im Kontext einer Reihe mit ‚Beiträgen zur Sozialraumforschung‘ erwarten werden.
Umso besser lässt sich der Band zur Einarbeitung nutzen, um einen Überblick zur Thematik zu erhalten. Hier wiederum ist er außerordentlich nützlich, will man sich nicht im Gewirr der Schlagworte, Phrasen, Projektbezüge und Förderprogramme verlieren, die sonst dieses Themenfeld prägen. Angesichts der oftmals dramatischen Lage vor Ort und dem hiermit verbundenen Aktionismus von Theorie und Praxis ist die durchweg ruhige Diktion der Beiträge wohltuend.
Fazit
Der vorliegende Sammelband ist ein guter Beitrag zum Themenfeld ‚Gesundheit und Sozialraum‘, dessen Stärke in seiner unprätentiösen Machart und seiner soliden Auswahl der Beiträge liegt. Da zudem dies Themenfeld in Theorie und Praxis besonders mit Blick auf benachteiligte Stadtteile von rasch zunehmender Bedeutung ist, kann man die Herausgeberin zu diesem Projekt beglückwünschen. Je mehr man selbst einen Expertenstatus in dieser Thematik beanspruchen kann, desto deutlicher wird man bemerken, dass sich in dem Band kaum kontroverse Beiträge und Diskussionen finden, wie es mit Blick auf die Sozialraumforschung notwendig wäre. Stattdessen hat der Band über weite Stellen Lehrbuchcharakter und wird wohl auch in diesem Sinne genutzt werden.
Rezension von
Prof. Dr. Werner Schönig
Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, Köln
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