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Ina Hermann-Stietz: Praxisberatung und Supervision in der Sozialen Arbeit

Rezensiert von Dipl. Päd. Andrew F. Kmiec, 22.09.2011

Cover Ina Hermann-Stietz: Praxisberatung und Supervision in der Sozialen Arbeit ISBN 978-3-8997-4527-6

Ina Hermann-Stietz: Praxisberatung und Supervision in der Sozialen Arbeit. Wochenschau Verlag (Frankfurt am Main) 2009. 160 Seiten. ISBN 978-3-8997-4527-6. 9,80 EUR.

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Thema

Die Autorin „möchte Menschen ansprechen, die sich für Supervision interessieren und mehr über diese Möglichkeit der Praxisberatung wissen möchten“. Sie will zudem „Menschen erreichen, die Supervision kennengelernt haben und sich eine pragmatische Anleitung zur selbständigen Durchführung kollegialer Supervision wünschen“. Als Ziel nennt sie, für die Zielgruppe „Arbeitsmaterialien zum Thema Supervision zur Verfügung zu stellen. Arbeitsmaterialien, die leicht handhabbar (Format), gut lesbar und verständlich (Hervorhebungen) sowie praxisorientiert (Arbeitsblätter) sind.“

Aufbau

Das Buch ist in sieben Kapitel gegliedert und umfasst insgesamt 159 Seiten.

Nach einer knapp zweiseitigen Einleitung wird im ersten Teil (Kapitel eins bis fünf ) auf 67 Seiten „Grundlagenwissen über Supervision“ angeboten. Der zweite Teil titelt „Der Supervisor in der Supervision“ (Kapitel 6) und umfasst 17 Seiten, während dem dritten Teil unter der Überschrift „Anleitung zur kollegialen Supervision“ 53 Seiten gewidmet werden.

Inhalt

Im ersten Kapitel „Supervision: alles super oder was?“ nimmt die Autorin eine Begriffsklärung vor und entfaltet danach die Zielebenen von Supervision. Anschließend geht sie auf die Entwicklung von Supervision ein und schließt das Kapitel mit einer Zusammenfassung.

Im zweiten Kapitel geht sie der Frage nach „Supervision oder doch lieber Coaching?“ und titelt ebenso. Hier werden die Settings beschrieben, in denen Supervision in der Regel stattfinden kann. Hier fällt ein bedeutsames Erratum ins Auge: Unter Rekurs auf Kurt Lewins OE-Modell bezeichnet sie die Phase des „Auftauens“ als “freeze“ an Stelle von „unfreeze“.

Im dritten Kapitel „Gibt es ‚die‘ Supervision?“ beschreibt sie Konzepte und Modelle von Supervision. Hier listet sie zunächst dreizehn Ansätze auf, die sie für grundlegende Therapie- und Beratungsansätze hält, um sie anschließend sehr knapp nach den Kriterien grundlegender Therapie- und Beratungsverfahren, Supervisionsansatz und Literatur zu beschreiben. Das Kapitel endet mit dem Appell eines Pragmatismus nach Buer innerhalb der Supervisions-Profession, um die verschiedenen Positionen und damit verbundenen Ansätze unter das Dach „Supervision“ zu subsumieren.

Das vierte Kapitel „Wir brauchen dringend Supervision“ enthält eine „beispielhafte Auswahl von Anlässen zu Supervision sowie die Skizzierung der Prozessgestaltung und möglicher Inhalte“.

Kapitel fünf ist mit der Frage „Und was soll das bringen?“ überschrieben. Der Untertitel „Ergebnisse und Effekte von Supervision“ präzisiert die Kapitelinhalte in Richtung eines Überblickes über Supervisionsforschung in Deutschland.

Kapitel sechs fehlt die Abschnittsüberschrift des Inhaltsverzeichnisses (Der Supervisor in der Supervision) und beginnt sofort mit der Ausdifferenzierung der Bedeutung des Supervisors in der Supervision.

Kapitel sieben enthält die Überschrift des dritten Teils als Unterüberschrift (Supervision ohne Supervisor? Anleitung zur kollegialen Supervision). Hier wird explizit die subjektive Perspektive der Autorin entfaltet

Diskussion

Es existieren formallogische Brüche, deren Zustandekommen nicht nachvollziehbar ist. Die fehlerhafte Konnotation zu Lewins Organisationsentwicklungsmodell steht repräsentativ für weitere handwerkliche Mängel. So vermisst man u.a. auch die stringente Fortsetzung der Zusammenfassungen, so wie es im ersten Kapitel sehr schön gemacht wurde. Verwirrend hat zudem die farbliche Absetzung der vorgestellten Ansätze in Kapitel drei gewirkt.

Bedauerlich ist, dass die Autorin in der Einleitung als Begründung für ihr Anliegen einen ökonomisch bedingten Legitimationsdruck heranzieht. Einerseits mutet diese Aussage mittlerweile trivial an, gleichzeitig konterkariert sie andererseits damit das professions-intrinsische Motiv der Optimierung der Profession(alität) Sozialer Arbeit an sich.

Bedauerlich ist auch das Fehlen von Verweisen auf die Ergebnisse der Supervisionsforschung im angelsächsischen Sprachraum. Die dort verfügbaren Ergebnisse würden nicht nur eine Ausdifferenzierung, sondern auch eine Bereicherung des Gesamtbildes des „State of the Art“ darstellen, denn sie ermöglichten auch eine notwendige kritische epistemologische Verortung der angeführten Ergebnisse.

Ihre in der Einleitung genannte Ansicht, dass kollegiale Supervision nicht als Ersatz für angeleitete Supervision durch ausgebildete Supervisoren dienen kann, verliert sich im Verlauf der Darstellung teilweise vollends. Daran ändert auch die im Abschlusskapitel aufgeworfene und auf knapp zwei Seiten behandelte Frage nach der Notwendigkeit eines solchen wenig, da sie hier vor allem auf Krisen- und Notfälle rekurriert. Wenn Supervision tatsächlich als permanenter Bestandteil der Sozialen Arbeit gedacht wird - und das ist implizit erkennbar - , sollte sie mithin als kontinuierlicher Unterstützungsprozess im beruflichen Alltag denselben optimal gestalten helfen. Soziale Arbeit besteht nun einmal nicht nur aus Krisen und Krisenintervention, sondern in weiten Teilen aus strukturellen professionellen Routinen und damit verbundener personalisierter professioneller Routine. So verstanden könnte Supervision als Instrument professioneller Personalentwicklung in Sozialen Organisationen anstelle überwiegend kurativer Zweckzuschreibung definiert werden. Diese Chance wurde vertan.

Kapitel drei liegt inhaltlich auf befriedigendem Niveau. Die Deskriptionen sind knapp gehalten, leider teilweise erheblich auf Kosten inhaltlicher Qualität. Beispielhaft hier: Die Transaktionsanalyse wird unzulässig verkürzt auf einen zentralen Aspekt (Kommunikation als Transaktion), der zwar zutreffend beschrieben ist, aber unverbunden mit den restlichen Aspekten der Theorie der TA fachperspektivisch sinnentleert bleibt. Transaktionen zu identifizieren, ohne die Verbindung zwischen Strukuturmodell und Kommunikationsmodell herzustellen, stellt einen Mangel an Professionalität in diesem Teilbereich dar. Es fehlt auch die Nennung klassischer Primärquellen. Statt dessen werden unkommentiert teils populärwissenschaftliche Titel aufgelistet. Dies wäre mit entsprechendem Verweis sicher statthaft. Ähnlich verhält es sich mit der Darstellung des Gestalt-Ansatzes. Die historischen Wurzeln der Gestalttheorie bleiben ebenso ungenannt wie ihre wichtigsten Vertreter, z.B. Kurt Lewin. Für die Darstellung des gruppendynamischen Ansatzes gilt gleiches. Nicht nachvollziehbar ist auch hier der formallogische Bruch bezüglich pädagogischer Ansätze, der in der Deskription unter Rekurs auf Pallasch nur teilweise egalisiert wird. Dasselbe findet sich bei der Vorstellung organisationstheoretischer Konzepte.

Im Gegensatz dazu erscheint die Operationalisierung der in der Einleitung genannten Zielsetzung überwiegend gelungen. Die Autorin stellt eine Fülle strukturierter Information zur Verfügung, die als intellektueller Werkzeugkasten sehr zweckdienlich sein kann, auch wenn sich viele ihrer Aussagen in stichwortartiger Aufzählung erschöpfen. Hier wäre zum einen tiefer gehende Ausdifferenzierung wünschenswert.

Vor allem die Anleitung zur kollegialen Supervision erscheint überwiegend gelungen.

Für die versierte Fachfrau in Sachen Supervision wird zwar nichts wirklich Neues offenbart, für die Praxis kann es, reflektierten Zugang allerdings zwingend vorausgesetzt, eine Erweiterung an Handlungsoptionen in Bezug auf Gruppen- und Teamarbeit darstellen.

Die Orientierung stiftende Funktion bleibt auf Grund mangelnder Darstellungstiefe und handwerklicher Mängel begrenzt.

Für die Lehre erscheinen vor allem die Kapitel zwei, drei und sieben gut verwendbar, auch hier gilt jedoch die Einschränkung, den Text nicht ohne angeleitete kritische Diskussion zu verwenden.

Fazit

Der Wert des Buches liegt in der Fülle der gesammelten Information und der differenzierten Darstellung kollegialer Supervision. Gemindert wird er durch Präzisionsmängel in Deskription und Struktur. Es ist empfehlenswert für theoretisch vorgebildete Fachkräfte mit differenziertem Fachwissen. Eine kritische Revision könnte dieses Buch zu einem bemerkenswerten Nachschlagewerk werden lassen.

Rezension von
Dipl. Päd. Andrew F. Kmiec
M.A., Freie Pädagogische Praxis; Lehrkraft für besondere Aufgaben im Ruhestand, Frankfurt University of Applied Sciences
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Es gibt 8 Rezensionen von Andrew F. Kmiec.

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ISSN 2190-9245