Diakonie in Düsseldorf. Leben im Altern Zentrum Benrath, Angelika Scholich et al.: Fotokiste. Zur Biografiearbeit mit dementen Menschen
Rezensiert von Prof. Dr. Harro Kähler, 17.06.2003
Diakonie in Düsseldorf. Leben im Altern Zentrum Benrath, Angelika Scholich, Ingrid Sevecke, Petra Wienß, Heike Pischke (Fotos): Fotokiste. Zur Biografiearbeit mit dementen Menschen.
Vincentz Network
(Hannover) 2003.
49,00 EUR.
Stabile Box im Format 21,4 x 21,4 x 24,0 cm, 30 Fotos auf festem Karton, 20,5 x 19,5 cm groß. Begleitbuch "Leitfaden zur Biografiearbeit mit dementen Menschen" 44 Seiten.
Anregungen für die tägliche Arbeit mit Dementen
Anzuzeigen ist eine großformatige Pappkiste mit 30 Fotos unterschiedlichster Motive, begleitet von einem gleichformatigen Begleitheft. Es geht den Autorinnen um Ansätze, die Vergangenheit der von ihnen betreuten Menschen zumindest zeitweise wieder lebendig werden zu lassen. Diese Vergangenheit ist den von Demenz betroffenen Menschen häufig verloren gegangen. Deshalb sprechen die Autorinnen auch von der "Suche nach der Verlorengegangenheit". Hierzu sollen die Fotos der Kiste Anregungen und Hilfestellung geben.
Zielgruppen
Als Zielgruppen für die Fotokiste werden neben den professionellen Helferinnen und Helfern auch alle Menschen benannt, die über den Kontakt mit dementen Menschen Kompetenz entwickelt und Erfahrung gesammelt haben, in erster Linie wird hier an die Angehörigen gedacht.
Anwendungsmöglichkeiten
Ausdrücklich weisen die Autorinnen im Begleitheft darauf hin, dass Bilder nur einen Weg unter vielen darstellen, einen kommunikativen Zugang zu Menschen zu finden, die tendenziell bedingt durch ihre Krankheit aus der Normalität der menschlichen Kommunikation heraus zu fallen drohen. Musik, Sprichwörter (vgl. dazu die Rezension zur "Sprichwortbox"), Gerüche, bestimmte akustische Signale - alles kann Assoziationen und Erinnerungen hervorrufen und einen Zugang zur verschütteten Vergangenheit eines Menschen freilegen. Insofern können Bilder Türen zu Erinnerungen öffnen. "Mit den hier ausgewählten Fotos sollen aufregende, nachdenkliche, unverwechselbare wie alltägliche Erlebnisse wiedergefunden, neu entdeckt werden." Die Fotos sind dabei manchmal bewusst etwas unscharf, was der projektiven Funktion dienlich sein dürfte.
Zur Anwendbarkeit schreiben die Autorinnen: "Die Fotokiste ermöglicht eine variantenreiche Handhabung. Ohne großen Aufwand ist sie spontan, überall und jederzeit, im Einzel- wie im Gruppenkontakt, einsetzbar:
- Es können einzelne auf die Biografie bezogene Bilder ausgewählt werden.
- Fotos lassen sich zu immer neuen Themengruppen zusammenstellen...
- Die komplette Fotokiste steht zur Verfügung: Jeder entdeckt 'sein Bild'.
- Auf eine kleine Tischstaffelei gestellt, eignen sich einzelne Motive zur Gestaltung der Atmosphäre."
Ausdrücklich weisen die Autorinnen darauf hin, dass es keine standardisierten Anweisungen und Erfolgsgarantien geben kann. Insofern stellt die Anwendung hohe Anforderungen an die Kompetenz und Sensibilität der Begleiter.
Fallbeispiele
Angesichts der Heterogenität der Zielgruppe und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit individueller Anwendungen lässt sich die Brauchbarkeit der Fotokiste am ehesten durch eigenes Erproben herausfinden. Die Autorinnen schildern ihre Erfahrungen wohl deshalb in Form ausgewählter Beispiele aus der Arbeit mit einzelnen BewohnerInnen des Altenpflegeheims, in dem dieses Material entwickelt wurde. Einige allgemeine Hinweise auf wichtige zu beachtende Gesichtspunkte werden dabei eingestreut. Diese Darstellungen sind ergänzt durch die Schilderung der Anwendung der Fotokiste in einer Gruppensituation.
Fazit
Mit der Fotokiste und dem ihr beigefügten Begleitheft liegt ein anregendes Material für die Arbeit mit dementen Menschen vor (aber vielleicht nicht nur mit diesen). Die von den Autorinnen gesammelten Erfahrungen sind bisher naturgemäß noch eher schmal und nicht systematisch ausgewertet. Es ist zu hoffen, dass dies im Laufe der Zeit möglich wird, um auf einer derartigen Basis genauere Anregungen für die Anwendung und ihre Grenzen zu formulieren.
Rezension von
Prof. Dr. Harro Kähler
Bis zur Emiritierung Fachhochschullehrer an den Hochschulen Hagen, Dortmund und Düsseldorf. Bis 2019 Redakteur der socialnet Rezensionen, Mitarbeiter in der Redaktion des socialnet Lexikons.
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