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Kornelia Rappe-Giesecke: Supervision für Gruppen und Teams

Rezensiert von Peter Schröder, 12.02.2010

Cover Kornelia Rappe-Giesecke: Supervision für Gruppen und Teams ISBN 978-3-642-01055-2

Kornelia Rappe-Giesecke: Supervision für Gruppen und Teams. Springer (Berlin) 2009. 4., aktualisierte Auflage. 216 Seiten. ISBN 978-3-642-01055-2. 39,95 EUR. CH: 58,00 sFr.

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Thema, Autorin und Änderungen im Vergleich zur vorherigen Auflage

Das Buch von Kornelia Rappe-Giesecke liegt in nunmehr vierter Auflage von und kann mit Fug und Recht als eines der Standardwerke für Supervision gelten. Die dritte Auflage ist bei socialnet bereits rezensiert worden (vgl. die Rezension), so dass hier zum Thema nicht Grundsätzliches mehr gesagt werden muss. Die Autorin ist Professorin an der Fachhochschule Hannover, im Jahr 2008 hat sie sich an der Universität Innsbruck mit einer Arbeit zum Thema „Triadische Karriereberatung“ habilitiert. (Vgl. die Rezension).

Gegenüber der vorigen Auflage gibt es eine Erweiterung, nämlich den Abschnitt1.3.2: „Supervision nutzt Triadische Modelle“. Die Autorin hat in den letzten Jahren gemeinsam mit ihrem Mann Michael Giesecke, der an der Universität Erfurt lehrt, ein Modell triadischen Denkens entwickelt, das besser als binäre Schemata geeignet ist, die in Beratungssituationen auftretende Komplexität zu bearbeiten.

Aufbau und Inhalt

Das Buch umfasst auch in der neuen Auflage acht Kapitel.

Das erste Kapitel ist der Frage gewidmet: Was ist gute Supervision? Ein erstes Unterkapitel schildert die Entwicklung der Supervision, ein zweites zeigt unterschiedliche Formen von Supervision auf, ein drittes fragt nach den „Standards guter Supervision“. Es ist gerade diese Frage, die das Buch für die Entwicklung der Profession wichtig gemacht hat, denn die Professionalisierung eines Faches beginnt im Allgemeinen mit der Entwicklung von Qualitätsstandards der Arbeit. Deshalb seien hier die Standards, die die Autorin nennt, summarisch genannt: Supervision ist dann gute Supervision, wenn sie analog wissenschaftlicher Forschung nachvollziehbares, überprüfbares und übertragbares Wissen schafft. Gute Supervision nutzt triadisches Denken, um einerseits die Zahl der Handlungsoptionen zu vergrößern und andererseits die Problemkomplexität zu reduzieren. Gute Supervision ist ferner nicht auf ein einziges Format festgelegt, sondern arbeitet mit mehreren Programmen wie Fallsupervision, Selbstthematisierung und Institutionenanalyse. Supervision schafft ein neues System: das Beratungssystem. Gute Supervision reflektiert dieses neue System. Gute Supervision arbeitet sowohl mit Vernetzung mit als auch mit Abgrenzung gegenüber den systemrelevanten Umwelten. Der Prozess guter supervisorischer Beratungsarbeit folgt einem idealtypischen Ablauf. Gute Supervision beachtet Spiegelungsphänomene und geht bewusst mit ihnen um, sie integriert außerdem Elemente von Selbsterfahrung und Instruktion. Und schließlich: „Gute SupervisorInnen mögen Paradoxien, halten Spannung zwischen Polen aus und fördern dialogische Prozesse.“ (S. 25)

Dieser kurze Überblick über die Standards guter Supervision skizziert zugleich das Programm des gesamten Buches, das im Wesentlichen eine Entfaltung dieser Grundaussagen ist. Im zweiten Kapitel stellt Rappe-Giesecke die Wurzeln ihres Supervisionsmodells vor: Die Balintgruppenarbeit, die Gruppentherapie und Selbsterfahrung, die angewandte Gruppendynamik und Organisationsentwicklung und schließlich die Theorie sozialer Systeme in der Fassung von Niklas Luhmann.

Das dritte Kapitel befasst sich mit den beiden Rollen Supervisor und Supervisand, ihren wesentlichen Aktivitäten und den Beziehungen zwischen Supervisor und Supervisand sowie unter den Supervisanden z.B. in einer Team- oder Gruppensupervision.

Die Umwelt des Systems Supervision sowie sein innerer Aufbau sind Gegenstand des vierten Kapitels: die Organisation, das Team, die Professional-Klient-Systeme, die Ausbildungssysteme etc.

Im fünften Kapitel werden die Normalformen supervisorischer Arbeit aufgezeigt: zuerst die Phasen eines Supervisionsprozesses, dann die Normalformen des Ablaufs der Fallarbeit, der Selbstthematisierung und der Institutionenanalyse. Solche Normalformen, die Supervision als professionelle Beratungsarbeit ausgebildet hat, bedingen „Normalformerwartungen“ bei den Beteiligten, z.B. über Rahmenbedingungen, Ziele, Funktion und Ablauf der Supervision.

Das wird im sechsten Kapitel unter der Überschrift „Die Selbstregulation des Systems“ zum Thema.

Das folgende siebte Kapitel stellt aus diesen Ergebnissen „Das ideale Setting von Gruppen- und Teamsupervision“ in tabellarischer Form zusammen.

Das letzte, achte Kapitel stellt die Fundamente des Modells von Rappe-Giesecke vor: „Die wissenschaftliche Basis des Supervisionsmodells“, „Das Supervisionskonzept als Ergebnis meiner Praxis als Supervisorin“ und „Die Weiterentwicklung meines Supervisionskonzeptes in und durch die Lehre“. Ein ausführliches Literatur- und Stichwortverzeichnis beschließen den Band.

Diskussion

Kornelia Rappe-Giesecke ist und bleibt eine der lesenswertesten Autorinnen für das Fach Supervision, die profunde Forschungsarbeit mit großer Beratungs- und Ausbildungserfahrung kombiniert. Wer eine Ausbildung als SupervisorIn macht und bereit ist, dabei auch ein solides theoretisches Fundament zu bauen, findet hier elementares Baumaterial. Wer sein Wissen über Supervision vertiefen will, findet hier viele Anregungen zur Weiterarbeit. Was zur dritten Auflage gesagt worden ist, gilt allerdings auch für die vierte: der akademische Kontext und die damit verbundene wissenschaftskompatible Sprachform macht das Lesen mühsam – jedenfalls für solche LeserInnen, für die das wissenschaftliche Sprachspiel nicht zum Alltag gehört. Und die Frage bleibt auch weiterhin offen, ob das Sprachniveau auch ein höheres Erkenntnisniveau mit sich bringt. Warum z.B. in dem neuen Abschnitt über das triadische Denken die simple Tatsache, dass Supervisanden aus drei möglichen Perspektiven eine bevorzugt auswählen, weil sie die ihnen vertraute ist, „Prämierung“ heißen muss (statt z.B. Präferenz), ist mir nicht klar. Ein solch kreativer Umgang mit Sprache ist wissenschaftlicher Usus, wenn man signalisieren will, dass es sich bei dieser Beobachtung um etwas Neues handelt. Darüber könnte man diskutieren…

Aber die Sprache des Buches ist keineswegs undurchdringlich, und wer etwas lernen will, wird es mit großem Gewinn lesen. Ich vermute, dass die vierte nicht die letzte Auflage sein wird!

Fazit

Es gibt nur wenige Lehrbücher im Fach Supervision, die ähnlich wissenschaftlich fundiert und systematisch aufgebaut sind. In jedem Fall eine Anschaffung wert!

Rezension von
Peter Schröder
Pfarrer i.R.
(Lehr-)Supervisor, Coach (DGSv)
Seniorcoach (DGfC) Systemischer Berater (SySt®)
Heilpraktiker für Psychotherapie (VFP)
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Es gibt 136 Rezensionen von Peter Schröder.

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ISSN 2190-9245