Klaus Doppler, Christoph Lauterburg: Change Management. Den Unternehmenswandel gestalten
Rezensiert von Peter Schröder, 13.05.2003

Klaus Doppler, Christoph Lauterburg: Change Management. Den Unternehmenswandel gestalten. Campus Verlag (Frankfurt) 2002. 10., aktualisierte und erweiterte Auflage. 530 Seiten. ISBN 978-3-593-36819-1. 69,00 EUR. CH: 117,00 sFr.
Einführung in das Thema
"Change Management" ist ein Buch, das von der sozialpädagogischen Fachwelt leicht übersehen wird - es gibt halt "kulturelle" Wahrnehmungsgrenzen. Der Band ist inzwischen ein Standardwerk der Managementliteratur, das mittlerweile in 10. Auflage vorliegt. Es ist gegenüber früheren Auflagen erheblich erweitert worden, vor allem im dritten Teil.
Unternehmen müssen sich verändern, weil sich die Umwelt der Systeme in immer rascherem Tempo verändert. Unternehmen, die Veränderungen nicht oder zu langsam umsetzen, riskieren wirtschaftliche Einbrüche bis hin zum Ruin. Das Managen von Veränderungen wird zur zentralen Kompetenz von Führungskräften. Dabei reicht betriebswirtschaftliches know-how allerdings nicht aus, es sind soziale, kulturelle und vor allem kommunikative Kompetenzen gefragt.
Und damit ist auch schon die "Schnittstelle" zu sozialwissenschaftlichen und -pädagogischen Fragestellungen markiert: die Welt der "hard facts" begegnet der Welt der "soft skills". Vieles von dem, was Doppler/Lauterburg darstellen, gehört zum Grundrepertoire sozialpädagogisch ausgebildeter Berater/innen. Spannend wirkt dieses Repertoire aber im ungewohnten Rahmen der Businesswelt. Aber "Change Management" ist nicht nur eine Notwendigkeit im profit-Bereich, sondern gleichermaßen im non-profit-Betrieben. Jede Hausleitung, die in den vergangenen Jahren beispielsweise eine Pflegeheim zu reorganisieren hatte, kann davon manch ein Lied singen - die meisten vermutlich in Moll, weil es auch ihr am nötigen know-how gefehlt hat. Aber von Veränderungen verschont bleibt keine/r, und Organisationsentwicklung bleibt eine Daueraufgabe!
Hintergründe und AutorInnen
Sowohl Klaus Doppler als auch Christoph Lauterburg sind im Bereich Managementlteratur renommierte Autoren. Über Klaus Doppler kann sich, wer will, auf seiner homepage "www.doppler.de" informieren: er ist promovierter Psychologe, Management- und Organisationsberater sowie Trainer für Gruppendynamik, der sich auf die Begleitung von Veränderungsprozessen in Organisationen sowie Coaching spezialisiert hat. Christoph Lauterburg arbeitet ebenfalls als Organisations- und Managementberater. Er ist Autor der Bücher "Vom Ende der Hierarchie. Modelle für eine bessere Arbeitswelt" und "Fünf nach zwölf. Der globale Crash und die Zukunft des Lebens". Beide Autoren sind Mitherausgeber der Zeitschrift "Organisationsentwicklung".
Aufbau, Inhalte und Gliederung
Ich zitiere aus dem Vorwort: "Wer ein Buch schreiben will, sollte sich immer drei Fragen stellen. Erstens: Was für ein Buch soll es werden? Zweitens: Zu wessen Nutz und Frommen soll es sein? Drittens: Ist es nicht schon geschrieben worden - womöglich mehrmals und viel besser?" (S. 15) Würden sich doch nur mehr Autoren diese Fragen stellen...
Die Antworten: "Das vorliegende Buch soll ein 'Kochbuch' sein für das Management von Veränderungen in Unternehmen und Institutionen. ... Ein 'Do-it-yourself'-Handbuch für Unternehmens- und Organisationsentwicklung. ... Wir wollten aus der Praxis für die Praxis schreiben. Konkret. Zum Anfassen und Umsetzen." Das ist gelungen!
Der erste Teil des Buches befasst sich mit der Frage, warum überhaupt Veränderungen nötig geworden sind, in welchen Strukturen sie stattfinden und welche Kompetenzen dabei in den Vordergrund treten müssen. Dabei werden die Rahmenbedingungen geschildert, die heute Veränderungen provozieren und deren Begleitmusik abgeben. Gefordert sind ebenso neue Strukturen in den Betrieben wie neue Kompetenzen auf Seiten der Manager. Der zweite Teil ist überschrieben mit "Den Wandel gestalten. Grundsätze des Vorgehens" und beschreibt die Bedingungen des Miss- und des Gelingens betrieblicher Veränderungsprozesse. Auch hier ist wieder die veränderte Rolle des Managers Thema, vor allem der "Schlüsselfaktor Sozialkompetenz". Und: die Frage von "Hierarchie und Macht" wird neu bedacht: es scheint tatsächlich so, als erforderten die gegenwärtigen ökonomischen Bedingungen eine "Demokratisierung", nämlich eine - ernstgemeinte und ernstgenommene! - flache Hierarchie. (Wenn auch der Satz gilt: "Flachere Hierarchie bedeutet breitere Führungspannen." S. 39) Der dritte Teil schließlich löst den "Kochbuchanspruch" ein und macht das Buch zu einem wunderbaren Nachschlagewerk, denn er liefert das methodische Instrumentarium für Veränderungsprozesse. Einige Kapitelüberschriften: "Strategieentwicklung, Organisationsdiagnose, Moderation, Feedback, Umgang mit Widerstand, Gestaltung der Kommunikation, Die Kunst der Gestaltung von Workshops" etc.
Ein abschließender Abschnitt ist dem "Ausblick" und den "Perspektiven" gewidmet. Da wird Popper zitiert - "Die offene Gesellschaft und ihre Feinde": wir müssen uns ins Offene wagen, einen Rückweg in frühere (oft ja auch nur phantasierte) Harmoniezustände gibt es nicht. Im Gegenteil: es wird auch weiterhin Verunsicherungen und Statusverluste geben, der allgemeine Lebensstandard wird sinken, breite Bevölkerungsschichten werden verarmen, die sozialen Spannungen werden steigen. Um so wichtiger, dass den "menschenverachtenden Sanierern" nicht das Feld überlassen wird.
Zielgruppen
Auch hier muss ich nur das Vorwort zitieren: "Gebraucht werden kann es (scil. das Buch) - so hoffen wir - von Menschen, die in Organisationen Veränderungs- und Entwicklungsprozesse leiten oder begleiten: von Unternehmern und Führungskräften, Organisations- und Personalfachleuten, Trainern und Beratern. Oder von Menschen, die bei organisatorischen Veränderungen in ihrem beruflichen Umfeld problematische Erfahrungen gemacht haben - und die neugierig sind, ob es sinnvollere Vorgehensweisen gibt als diejenigen, die sie bisher kennengelernt haben." (S. 15) Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Einschätzung der Tauglichkeit, Lesbarkeit und Nützlichkeit
Für Manager und langjährige Unternehmens- oder Organisationsberater mag das Buch zum Grundbestand ihrer Lektüre gehören. Ich vermute, Sozialpädagogen und Menschen, die in sozialen Berufen arbeiten, haben es bisher wenig wahrgenommen. Das sollte sich ändern. Ich halte es für jeden, der sich mit Fragen der Organisationsentwicklung befasst, für eine Pflichtlektüre. Der Band weist eine große Klarheit auf - sowohl in der Gliederung als auch in den Aussagen. Immer wieder gibt es übersichtliche Listen, Leitfragen und Graphiken, die das Gesagte zusammenfassen. Auch die Checklisten (z.B. für Projektarbeit S. 308ff) sind wertvoll.
Wieder und wieder betonen die Autoren die zentrale Funktion der Kommunikation in Veränderungsprozessen. Dabei gibt es so großartige Merksätze wie "Kommunikation ist die Alternative zur Hierarchie" (S. 58) - diesen Satz möchte man ja gern noch mal soziologisch reformulieren... Und immer wieder: "Kommunikation ist die eigentliche Arbeit, Kommunikation ist der Job der Führung. Management ist Kommunikation." (S. 335f) Solche und ähnliche Sätze durchziehen nicht nur das 9. Kapitel ("Gestaltung der Kommunikation"), sondern das Ganze Buch.
Kaum jemand wird - außer einem Rezensenten - das ganze Buch von vorn bis hinten durchlesen. Aber man kann das tun - es macht nicht einmal große Mühe. Also: das Werk ist gut lesbar, und durch die gelungenen Zusammenfassungen lässt sich der Lernertrag leicht "einpacken" (und wiederfinden...). Und über die Nützlichkeit muss man nicht diskutieren - mein
Fazit:
lange nicht mehr ein ähnlich instruktives Buch gelesen!
Rezension von
Peter Schröder
Pfarrer i.R.
(Lehr-)Supervisor, Coach (DGSv)
Seniorcoach (DGfC) Systemischer Berater (SySt®)
Heilpraktiker für Psychotherapie (VFP)
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