Nina L. Dulabaum, ill. von Gerald Nöbel: Mediation
Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 16.11.2009
Nina L. Dulabaum, ill. von Gerald Nöbel: Mediation. Das ABC : Die Kunst, in Konflikten erfolgreich zu vermitteln.
Beltz Verlag
(Weinheim, Basel) 2009.
5., überarbeitete und erweiterte Auflage.
240 Seiten.
ISBN 978-3-407-36478-4.
D: 34,95 EUR,
A: 35,90 EUR,
CH: 59,00 sFr.
Reihe: Beltz Weiterbildung.
Konflikte sind menschlich
Eines der größten Übel im menschlichen Miteinander ist die Unfähigkeit, über Unstimmigkeiten in der Kommunikation, Verhaltensfehleinschätzungen, Ungereimtheiten und Missverständnissen zu reden und empathisch darauf zu reagieren. Ein konfliktscheuer Mensch ist scheinbar ein friedlicher Zeitgenosse, der „keiner Fliege etwas zuleide tut“ und jeder Auseinandersetzung aus dem Wege geht. Doch, das zeigen nicht zuletzt die Störungsfälle und Krankheitsbilder, Konflikte sind negative (oder normale?) Anlässe im Zusammenleben der Menschen, die behoben werden können und sollten. „Streitschlichter“, etwa in der Schule und Jugendarbeit, sind (frei)willige junge Menschen, die sich vornehmen, bei verbalen und gewaltsamen Auseinandersetzungen zu vermitteln und die „Streithähne“ zur „Vernunft“ zu bringen. Dabei handelt es sich immer um institutionalisierte Initiativen, die von der Schule oder der jeweiligen Einrichtung ausgehen. Die „Streitschlichter“ werden für die Ausübung ihrer Schlichtertätigkeit mit bestimmten Programmen und Methoden ausgebildet. Damit wird schon deutlich: Das Eingreifen von Neutralen bei Konflikten bedarf des Trainings. Dazu sind soziale, emotionale und intellektuelle Kompetenzen erforderlich und vor allem eine innere Bereitschaft und das Bewusstsein, dass es bei einer Streitschlichtung nicht Sieger und Verlierer geben darf, sondern dass die Konfliktregelung getragen sein muss von dem Willen, dass alle Beteiligten dabei gewinnen. Eine weitere Einsicht ist wichtig: Nicht alle Konflikte können von Streitschlichtern und Vermittlern gelöst werden. Dies zu begreifen und zu akzeptieren, also auszuhalten, gehört zur Kompetenz der Streitschlichtung.
Thema und Autorin
Damit sind wir bei der Methode der Mediation, und die Definitionen dafür sind vielfältig: „Mediation ist eine Kunst, Konflikte in einer konstruktiven Art und Weise zu deeskalieren und zu bearbeiten“, ist eine davon. Die in Illinois (USA) lebende und als Forscherin, Beraterin und Mediatorin tätige Nina L Dulabaum, die an der TU Berlin studierte und promovierte und zeitweise als Fachreferentin für jugendpolitische Sonderaufgaben und Extremismus in Leipzig gearbeitet hat, legte im Beltz Verlag 1998 ein Trainingsprogramm für Mediation vor. Nach der zweiten Auflage 2000, der dritten 2001 und der vierten 2003 bringt der Verlag nun die überarbeitete und erweiterte Auflage 2009 heraus; sicherlich ein Hinweis darauf, dass das „Werkzeug für die Praxis“ von Praktikern und Theoretikern angenommen wird. Mit dem ABC zählt die Autorin von A bis Z die Lernschritte auf, die erforderlich sind, wenn Kompetenzen zur Mediation erworben werden wollen.
Aufbau und Inhalt
Die vier „A’s“ stehen dabei am Anfang: Allparteilichkeit (nicht Parteilichkeit und auch nicht Richter sein), Akzeptanz ( was ja mit der Fähigkeit zu tun hat, empathisch zu sein und die Konfliktparteien mit ihren Konflikten annehmen zu können), Anerkennung (also die Anliegen, Meinungen und Auffassungen, die zu den Konflikten geführt haben, ernst zu nehmen, zu respektieren und zu würdigen) und Affirmation (als positive Bestätigung).
Die Ausführungen, Empfehlungen, Trainingsanregungen, Beispiele und Checklisten zu den jeweiligen Stichpunkten der Großbuchstaben sind die Lernschritte. Mit allen alphabetischen Stichworten, wie B = Bewahrung der zwischenmenschlichen Beziehungen; D = Deeskalation und Dialog; J = Jammern; P = Perspektivenwechsel; V = Verstrickungen in Konfliktfälle und Vokabeln für Gefühle; Z = Zuhören, Zeit, Zivilcourage, Zusammenarbeit und Zukunftsorientierung, werden Hilfen angeboten, der Herausforderung zur Mediation gerecht zu werden: „Wissen in Handeln durch ständiges reflektiertes Erfahrungslernen umzusetzen“.
Ein Hinweis auf Konfliktregulierungen, etwa bei ethnischen, nationalen und internationalen Auseinandersetzungen: Hanna Neumann hat im LIT Verlag einen Bericht über „Friedenskommunikation“ (2009) herausgegeben. Darin diskutiert sie „Möglichkeiten und Grenzen von Kommunikation in der Konflikttransformation“ am Beispiel von „Friedenszonen“ auf den Philippinen (vgl. die Rezension).
Fazit
Die Autorin ermutigt Mediationswillige dazu, sich auf die nicht leichte, anstrengende und nicht selten frustrationsreiche Aufgabe zur Konfliktschlichtung einzulassen. Sie macht aber auch deutlich, dass es keine festgelegten Anweisungen für Mediation gibt; weshalb sie ihr Praxisbuch auch nicht als Rezept verstanden wissen will. Weil Mediation eine Lebenskunst ist, bei der die Streitschlichter nicht nur geben, sondern auch viel nehmen und profitieren können, deshalb ist zu empfehlen, dass möglichst viele Menschen, vor allem solche, die beruflich, etwa in der Schule, im Beruf, etwa in der Ausbildung, in familiären Zusammenhängen und in der Freizeit, etwa in der Jugendbildung, mit auftretenden Konflikten konfrontiert sind, das Mediations-ABC zur Hand nehmen, denn „Bestandteil der Mediation ist die Schulung der Gefühle, der Ausbau der emotionalen Intelligenz und die Suche nach Wegen der Gewaltlosigkeit“.
Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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Zitiervorschlag
Jos Schnurer. Rezension vom 16.11.2009 zu:
Nina L. Dulabaum, ill. von Gerald Nöbel: Mediation. Das ABC : Die Kunst, in Konflikten erfolgreich zu vermitteln. Beltz Verlag
(Weinheim, Basel) 2009. 5., überarbeitete und erweiterte Auflage.
ISBN 978-3-407-36478-4.
Reihe: Beltz Weiterbildung.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/8545.php, Datum des Zugriffs 20.09.2024.
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