Oliver Razum, Jürgen Breckenkamp et al.: Epidemiologie für Dummies
Rezensiert von Prof. Dr. rer.medic. Martina Hasseler, 17.03.2010

Oliver Razum, Jürgen Breckenkamp, Patrick Brzoska: Epidemiologie für Dummies. Werden Sie zum Gesundheitsdetektiv! Wiley-VCH Verlag (Weinheim) 2009. 398 Seiten. ISBN 978-3-527-70514-6. D: 24,95 EUR, A: 25,70 EUR, CH: 40,00 sFr.
Autoren
Die Autoren arbeiten alle an der Abteilung Epidemiologie & International Public Health an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften an der Universität Bielefeld.
- Oliver Razum ist dort Professor für Epidemiologie & International Public Health und unterrichtet schwerpunktmäßig Epidemiologie. Seine Forschungsschwerpunkte sind Sozialepidemiologie, Migration und Gesundheit und Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern.
- Jürgen Breckenkamp ist promovierter Gesundheitswissenschaftler mit einem Forschungsschwerpunkt zum Thema Herz-Kreislauf-Erkrankungen und insbesondere zur Frage, ob Hochfrequenzstrahlungen gesundheitliche Auswirkungen haben.
- Patrick Brzoska forscht als Gesundheitswissenschaftler zum Thema Migration und Gesundheit und lehrt in Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung.
Entstehungshintergrund
Über den Entstehungshintergrund des Buches sind keine Hinweise zu finden. Es ist zu vermuten, dass vor allem die Lehrtätigkeit der Autoren zu diesem Buch veranlasst hat. Allerdings formulieren die Autoren, dass sie zeigen wollen, dass Epidemiologie sehr spannend sein kann. Sie wollen veranschaulichen und präsentieren, was Epidemiologen leisten und warum ihre Arbeit so wichtig und unverzichtbar ist. Die Zielgruppen dieses Buches sind Menschen, die Grundkenntnisse in Epidemiologie erwerben wollen wie bspw. Studierende der Gesundheitswissenschaften, Medizin oder auch Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten.
Aufbau und Inhalte
Das Buch in ist in insgesamt 5 Teilen aufgebaut und beinhaltet 24 Kapitel.
Teil I ist überschrieben mit „Epidemiologen sind Gesundheitsdetektive“. In mehreren Kapiteln (Kapitel 1-4) stellen die Autoren in Grundzügen die wesentlichen Arbeitsinhalte von Epidemiologen dar. Sie erläutern,
- was Epidemiologen tun (Kapitel 1 „Epidemiologen bei der Arbeit“),
- wie sie Gesundheitsprobleme erkennen und berichten (Kapitel 2 „Epidemiologen sind Detektive“),
- wie und wann Menschen zu Fällen werden (Kapitel 3 „Im Falle eines Falles“) und
- die Relevanz von Bevölkerungsgruppen (Kapitel 4 „ Stets im Mittelpunkt: Die Bevölkerung“).
Teil II dieses Buches thematisiert das Messen und Vergleichen in der Epidemiologie (Kapitel 5-8). Die Autoren widmen sich den epidemiologischen Maßzahlen wie Inzidenz, Prävalenz, Relatives Risiko, Odds Ration und erläutern die Berechnung und Bedeutung an sehr praktischen Beispielen. Auch die Themen Stratifizierung, Standardisierung und beschreibende Statistik finden hier Berücksichtigung.
Teil III ist überschrieben mit „Architektur der Epidemiologie“. In den Kapiteln 9-13 werden Forschungsdesigns wie
- Querschnittstudien,
- Kohortenstudien,
- Fall-Kontroll-Studien,
- randomisierte Studien und
- ökologische Studien erläutert.
Angemessenheit der Designs, Durchführung und mögliche Fragestellungen werden an Beispielen verdeutlicht.
Teil IV beschäftigt sich mit „Studien durchführen und Fallstricke vermeiden“. Das Ziel dieses Teils ist darzustellen, wie „Epidemiologen Studien richtig durchführen und Fehlschlüsse vermeiden“.
- Kapitel 14 beschreibt ganz allgemein, wie Studien geplant und durchgeführt werden.
- In Kapitel 15 geht es um die Frage, wie Fehler, Verzerrungen und Störgrößen verhindert bzw. mögliche Fehlerquellen transparent gemacht und diskutiert werden.
- Kapitel 16 widmet sich der relevanten Frage nach Ursache und Wirkung und wie Zusammenhänge zu erkennen und zu berechnen sind.
- Kapitel 17 schließlich macht das Thema der schließenden Statistik zum Inhalt und geht der Frage nach, welche Bedeutung diese in der Epidemiologie einnimmt.
Teil V geht auf „Anwendungen der Epidemiologie“ ein. Es werden Themen wie
- „Infektionsepidemiologie“,
- „Sozialepidemiologie“ oder
- „Screening“
näher dargestellt. Auch wird aufgezeigt, wie mit statistischen Methoden Krankheitsausbrüche epidemiologisch untersucht werden oder auch Erfolge gemessen werden können.
Der abschließende Teil VI beschreibt in Kapitel 23, wie Fehler in Studien vermieden werden (Kapitel 23) und wo die besten Datenquellen gefunden werden können (Kapitel 24).
Diskussion
Es gibt zahlreiche Bücher zum Thema Epidemiologie, die in sehr seriösen Verlagen erschienen sind. Dieses Buch ist in der „… Für Dummies“-Reihe entstanden, die viele sehr wahrscheinlich aus anderen Zusammenhängen kennen. Möglicherweise entsteht auf den ersten Blick der Eindruck, dass dieses Buch sich an den geneigten Laien richte oder nicht ganz ernst zu nehmen sei, da man vielleicht an Bücher denkt wie „Allgemeinbildung für Dummies“ oder „Frettchen für Dummies“ oder gar „Grillen für Dummies“. Das Buch umfasst jedoch alle wichtigen Themen und Inhalte, die auch in anderen Epidemiologie-Büchern zu finden sind. Anders als in vergleichbaren Werken, richtet sich dieses Buch dezidiert an Personen, die erst beginnen, sich mit Epidemiologie auseinanderzusetzen oder an diejenigen, die sich dafür interessieren oder interessieren müssen, da sie entsprechende Positionen im Gesundheitswesen besetzen. Diesen Zielgruppen gemäß ist das Buch aufgebaut und gestaltet. Es ist möglich, das Buch von vorne bis hinten durchzuarbeiten, um sich in die Epidemiologie einzuarbeiten. Denkbar ist aber auch, sich den Kapiteln zu widmen, die gerade von Interesse sind. Viele Beispiele aus der Epidemiologie und aus lebensnahen Bereichen illustrieren die Inhalte, so dass jedes Thema auch aus der Perspektive von Anfängern verständlich wird.
Fazit
Dieses Buch ist für Studierende der Medizin, Gesundheits- und Pflegewissenschaften und für Interessierte, die sich erstmalig mit dem Thema Epidemiologie befassen, sehr zu empfehlen. Es ist sehr gut aufgebaut, die Themen gut strukturiert und die Inhalte erläutert an zahlreichen, sehr nachvollziehbaren Beispielen. Wer dieses Lehrbuch zur Hand nimmt und sich zum ersten Mal mit Epidemiologie beschäftigt wird Lust verspüren, sich intensiver damit zu auseinanderzusetzen. Vermeintlich komplizierte Themen wie epidemiologische Maßzahlen, Studiendesigns oder beschreibende oder schließende Statistik erscheinen einfach. Die Relevanz von Epidemiologie für Medizin, Gesundheits- und Pflegewissenschaften und für das Gesundheitssystem wird deutlich. Die Autoren zeigen, dass es sehr gut möglich ist, Themen dieser Art lehrreich, interessant, kurzweilig und nachvollziehbar zu gestalten, ohne dass das Gefühl entsteht, dass wesentliche Inhalte nicht oder nicht angemessen vermittelt worden seien.
Rezension von
Prof. Dr. rer.medic. Martina Hasseler
Website
Mailformular
Es gibt 25 Rezensionen von Martina Hasseler.