Bernd Sommer: Didaktische Überlegungen als Grundlage und Orientierungshilfe [...]
Rezensiert von Prof. Dr. Marius Metzger, 12.01.2010
![Werk bestellen Cover Bernd Sommer: Didaktische Überlegungen als Grundlage und Orientierungshilfe [...] ISBN 978-3-8288-9923-0](/images/rezensionen/cover/8837.jpg)
Bernd Sommer: Didaktische Überlegungen als Grundlage und Orientierungshilfe für sozialpädagogisches Handeln. Eine Einführung. Tectum-Verlag (Marburg) 2009. 121 Seiten. ISBN 978-3-8288-9923-0. D: 29,90 EUR, A: 29,90 EUR, CH: 52,20 sFr.
Thema
Im Buch „Didaktische Überlegungen als Grundlage und Orientierungshilfe für sozialpädagogisches Handeln“ werden didaktisch-methodische Überlegungen für ein professionell begründetes Handeln fruchtbar gemacht. Gemeinsamkeiten unterschiedlicher didaktischer Konzepte werden herausgearbeitet und auf Lern-, Entwicklungs- und Hilfeprozesse in der Sozialen Arbeit bezogen. Als Orientierungshilfe für das sozialpädagogische Handeln legt der Autor ein in der eigenen Praxis bewährtes didaktisches Modell vor, welches mit so genannten „W“-Fragen im Praxisalltag Orientierung ermöglichen soll.
Autor
Prof. Dr. Bernd Sommer ist Professor für Methoden der Sozialen Arbeit an der Fakultät für Sozialwesen der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Villingen-Schwenningen. Seine Interessens- und Arbeitsgebiete liegen im Bereich qualitative Sozialforschung, Hochschuldidaktik sowie Didaktik/Methodik in der Sozialen Arbeit.
Entstehungshintergrund
Der Autor verfügt als langjähriger Mitarbeiter im sozialpädagogischen Dienst eines neurologischen Rehabilitationszentrums für hirngeschädigte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene über praktische Erfahrungen in der Sozialpädagogik. Gemäss den Erfahrungen des Autors bewähren sich didaktisch-methodische Überlegungen als Orientierungshilfe im eigenen Praxisalltag, weswegen sich die Auseinandersetzung mit entsprechenden Konzepten als nützlich erweist. Darüber hinaus eigne sich ein didaktisch-methodisch fundiertes Arbeiten insbesondere auch zur Legitimierung des eigenen Handelns: „Im Rahmen fachlicher Diskussionen innerhalb eines interdisziplinär arbeitenden Rehabilitationsteams stehen auch die sozialpädagogischen Mitarbeiter/innen immer wieder vor der schwierigen und oftmals nur schwer in befriedigender Weise zu lösenden Aufgabe, ihr professionell gestaltetes Handeln vor den Vertreter/innen anderer Berufsgruppen offenzulegen, zu begründen und letztlich auch für Fachleute zu legitimieren“ (S. 8).
Inhalte
Im ersten Teil des Buches wird die Verwendung der Begriffe Didaktik und Methodik in der Sozialen Arbeit kritisch beleuchtet. Im Fachdiskurs sorgt dabei die Tatsache für Verwirrung, dass der Methodenbegriff oft unreflektiert sowohl für die Arbeitsformen der Sozialen Arbeit wie auch im engeren Sinn für konkret umsetzbare Wege im praktischen Handeln verwendet wird. Weitgehende Einigkeit besteht dennoch dahingehend, dass Methodik als Wissenschaft vom zielgerichteten Handeln bezeichnet werden kann. Didaktik wird demgegenüber als Teilbereich der Erziehungswissenschaft betrachtet, welcher sich mit dem Analysieren, dem Planen, dem Durchführen und dem Auswerten gezielter Lernprozesse beschäftigt. Solche Lernprozesse können im Kontext der Sozialpädagogik als ein ausserschulisch zu verortendes Lehr-Lerngeschehen verstanden werden, welches sich als Interaktionsprozess zwischen Lernhelfer, Lernenden und Situation organisiert.
Im zweiten Teil des Buches wird einleitend die Wichtigkeit der Didaktik für die Unterstützung von gezielten Lernprozessen und die Reflexion des professionellen Handelns hervorgehoben. Über didaktische Überlegungen lasse sich das sozialpädagogische Handeln begründen, womit es sich gegen eine unreflektierte „Pädagogik aus dem Bauche heraus“ (S. 32) abgrenzen lässt. Anschliessend werden didaktische Konzepte der (Sozial-)Pädagogen Meinhold und Matull, Giesecke, Weinschenk, Belardi, Martin, Gorges, Buchka und Schilling mit dem Ziel wiedergegeben, deren didaktische Überlegungen für die Sozialpädagogik nutzbar zu machen. Ergänzt werden diese Ausführungen um zwei praktische Modelle, mit welchen die Grundschritte des didaktischen Denkens und Handelns respektive der Kreislauf der didaktischen Reflexion abgearbeitet werden können. In einer vorläufigen Einschätzung der unterschiedlichen Konzepte kommt der Autor dabei zum Schluss, dass es sich beim Modell von Schilling um „das bisher am überzeugendsten ausgearbeitete Modell didaktischen Denkens in der Sozialen Arbeit“ (S. 53) handelt.
Im dritten Teil des Buches wird das didaktisch-methodische Denken und Handeln am Beispiel des sozialpädagogischen Vorgehens im Arbeitsfeld der neurologischen Rehabilitation veranschaulicht. Ausgehend von den sozialpädagogischen Tätigkeitsbereichen in der Alltagsarbeit der neurologischen Rehabilitation wird das didaktisch-methodische Vorgehen anhand der Zielsetzung „Selbstständigkeit in alltagsrelevanten Verrichtungen“ (S. 69ff.) bei einem 20-jährigen Mann demonstriert und anschliessend diskutiert. Die daraus gewonnen Erkenntnisse bilden die Grundlage, um den Entwurf eines vom Autor erweiterten Modells der didaktischen „W“-Fragen nach Jank und Meyer für die sozialpädagogische Alltagspraxis vorzulegen. In diesem Modell werden die im zweiten Teil des Buches beschrieben Überlegungen zum didaktischen Vorgehen erkennbaren Schrittfolgen der Analyse, der Zielformulierung, der Planung, der Handlung und der Reflexion/Auswertung in „W“-Fragen übersetzt.
Diskussion
Der Autor bemüht sich gleich zu Beginn um eine Klärung der Begriffe Methodik und Didaktik, was sich für das weitere Verständnis als nützlich erweist. Er scheut sich dabei auch nicht davor, die verwirrende Bedeutungsvielfalt des Methoden-Begriffes in der Sozialen Arbeit klar zu benennen und auf die daraus resultierenden Missverständnisse hinzuweisen. Nach der Klärung der beiden Begrifflichkeiten werden diese im Rahmen eines integrierten didaktisch-methodischen Denk- und Handlungsverständnisses sinnigerweise wieder zusammengeführt, da der Autor zu Recht darauf hinweist, „dass sich Didaktik und Methodik gegenseitig beeinflussen und bedingen, dass folglich im Rahmen angeleiteter Lern- und Hilfsprozesse das eine nicht ohne das andere das Gewinnen sinnhafter Erkenntnisse ermöglichen kann“ (S. 54).
Die Ausführungen zu den didaktischen Konzepten werden auf das Wesentliche begrenzt. Leider werden die Konzepte untereinander allerdings nur ansatzweise verglichen und auf deren Eignung hin bewertet. So wird insbesondere nicht nachvollziehbar, weswegen es sich beim Modell von Schilling um „das bisher am überzeugendsten ausgearbeiteten Modell didaktischen Denkens in der Sozialen Arbeit“ (S. 53) handeln soll. Möglicherweise ist diese Erkenntnis aber auf dem Erfahrungshintergrund des Autors zu verstehen, welcher nach seiner langjährigen Praxis nun „die grundlegenden Erkenntnisse einer Didaktik der sozialpädagogischen Arbeit als eine mögliche Grundlage und bedeutsame Orientierungshilfe für sozialpädagogisches Alltagshandeln ansehen kann“ (S. 9).
Nützlich scheint dagegen die Erkenntnis, wonach die beschriebenen didaktischen Konzepte alle voneinander getrennte Phasen der Analyse, der Zielformulierung, der Planung, der Handlung und der Reflexion/Auswertung ausweisen. Der anschliessende Versuch des Autors, diese Phasen in erweiterte „W“-Fragen zu übersetzen, überzeugt und wird an einem praktischen Fall nachvollziehbar veranschaulicht. Der Autor macht dabei aufgrund der vielfältigen und unterschiedlichen Anforderungen an Professionelle der Sozialen Arbeit allerdings auch klar, dass mittels eines solchen Modells „weder eine Verallgemeinerung noch eine Vereinheitlichung sozialpädagogischer Orientierungsmuster möglich und sinnvoll“ (S. 93) wäre. Diese Selbstbescheidung wirkt wohltuend und kommt den real vorzufindenden Verhältnissen näher als die Orientierung an didaktischen Erfolgsmodellen.
Fazit
Die in diesem Buch zusammenfassend wiedergegebenen didaktischen Konzepte eignen sich dazu, einen schnellen Überblick über die in der (Sozial-)Pädagogik nebeneinander koexistierenden didaktischen Konzepte und deren Gemeinsamkeiten zu erhalten. Eine Bewertung im Hinblick auf deren praktische Bewährung findet dagegen nur ansatzweise statt. Das vom Autor erweiterte „W“-Fragen-Modell nach Jank und Meyer stellt indessen eine geeignete Möglichkeit dar, die allen didaktischen Konzepten gemeinsamen Phasen der Analyse, der Zielformulierung, der Planung, der Handlung und der Reflexion/Auswertung in die Praxis zu übersetzen.
Rezension von
Prof. Dr. Marius Metzger
Verantwortlicher Kompetenzzentrum Erziehung, Bildung und Betreuung in Lebensphasen am Institut für Sozialpädagogik und Bildung der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit
Website
Mailformular
Es gibt 17 Rezensionen von Marius Metzger.