Lothar Schäffner, Imke Bahrenburg: Kompetenzorientierte Teamentwicklung
Rezensiert von Prof. (i.R.) Dr. Hans-Jürgen Balz, 20.04.2010
Lothar Schäffner, Imke Bahrenburg: Kompetenzorientierte Teamentwicklung. Theoretischer Ansatz und vielfältige Coaching- und Trainingsmethoden.
Waxmann Verlag
(Münster/New York/München/Berlin) 2009.
116 Seiten.
ISBN 978-3-8309-2260-5.
28,00 EUR.
Reihe: Kompetenzmanagement in der Praxis - 4.
Autor und Autorin
Die Autoren kommen aus dem Bereich Erwachsenenbildung der Universität Hannover. Auf dem Buchumschlag wird für Prof. Dr. Lothar Schäffner darüber hinaus auf eine mehrjährige Tätigkeit als Leiter der Bildungsabteilung eines Industriekonzerns und weitere Beratungstätigkeiten für Unternehmen in Fragen der Personal- und Organisationsentwicklung verwiesen. Diplom-Pädgogin Imke Bahrenburg, Absolventin des Studiengangs Erwachsenenbildung, ist derzeit bei der Agentur für Arbeit tätig.
Thema
Berufliches Handeln ist heute in vielen Feldern auf enge Kooperation und Teamarbeit angewiesen. Dies verlangt eine Abkehr von traditionellen Arbeits- und Organisationsformen, eine Anforderung, die neben veränderten Strukturen auch erweiterte Kompetenzen auf Seiten der Mitarbeiter und ihrer Führung erfordern. Dazu gehören u.a. die Fähigkeit seine persönlichen Stärken und Schwächen zu kennen, eindeutig zu kommunizieren, Konflikte zu erkennen und zu bearbeiten sowie selbstkritisch die eigenen und andere Arbeitsbeiträge zu beurteilen. Gelebte Kooperation braucht Vertrauen in der Zusammenarbeit, Klarheit in der Zielformulierung, Verantwortungsübernahme hinsichtlich getroffener Vereinbarungen und die Unterstützung durch die Organisationsleitung. Teamentwicklung ist auf diesem Weg ein wichtiges Lernsetting, auch liefert es Methoden zur Überprüfung der erreichten Zwischenziele und zur Auffrischung des Teamgedankens.
Die Methoden der Teamentwicklung speisen sich dabei aus dem Fundus der Gruppendynamik, der Kommunikations- und Beratungspsychologie, sowie organisationspsychologischen Trainings. In Teamentwicklungsmassnahmen herrscht meist ein pragmatischer Mix vor, streng nach der Devise was Bewegung (in die Zusammenarbeit) bringt und was nützt, das wird fortgeschrieben bzw. weiterentwickelt. Die Autoren bieten hier zwei Systematisierungen der Methoden: a) über die Definition der zentralen Teammerkmale und b) über das von Schäffner entwickelte KODE-Analyse-Instrument (Kompetenz-Diagnostik und –Entwicklung), ein teamdiagnostisches Instrument zur Rollenstruktur und zu den geforderten Kompetenzen.
Entstehungshintergrund
Das Buch basiert auf einer Ableitung des Teambegriffs aus der vielfältigen Literatur, wobei die Autoren sich mit dem Teambegriff identifiizieren und insbesondere von dem auf Katzenbach & Smith (1993) zurückgehenden Frage nach der Spezifik von Hochleistungsteams leiten lassen. Als spezifischer Aspekt wird die Bedeutung von kooperationsfördernder Kommunikation im Teamentwicklungsprozess betont. Der Bezug auf das von Schäffner entwickelte KODE-Instrument (Kompetenz-Diagnostik und –Entwicklung), dient als weitere Begründung für die Auswahl der Übungen, nachzulesen in den angeführten Veröffentlichungen.
Aufbau und Inhalt
Lothar Schäffner und Imke Bahrenburg gliedern ihr Buch in einen Theorie- und einen Methodenteil.
Die ersten drei Abschnitte liefern eine Hinführung zum Thema, Grundlagen für den Teambegriff, Zielkriterien für gelingende Teamarbeit und gehen auf Aspekte der Teamanalyse und –entwicklung ein. Die Autoren verweisen eingangs auf die Vielzahl der Ansätze zur Teamentwicklung und die für Trainings angebotenen Methoden. Ihren eigenen Beitrag sehen sie darin liegend, die Diskussion zu systematisieren und durch eine gezielte Auswahl methodische Anregungen zu geben.
Den Schwerpunkt bilden dann sechs Abschnitte in denen Interventionsmethoden und Übungen zur Gruppen- und Tementwicklung dargestellt werden. Zu den Übungen bzw. Aufgaben werden jeweils Anmerkungen zur Herkunft und besonderen Nützlichkeit, dem Ziel, dem Übungstyp, der Dauer, dem notwendigen Material zur Durchführung und zu möglichen Variationen gemacht. Die Methodenkapitel führen in Übungen zu den folgenden Bereichen ein:
- Aufgaben, Ziele, Strategien und Werte in der Teamarbeit,
- die Bestimmung der Teamgröße,
- Defizite im Bereich kooperationsfördernder Kommunikation,
- das Erkennen und den Einsatz der Fähigkeiten der Teammitglieder und
- das Bewusstwerden der gemeinsam gegenseitigen Verantwortung.
Zahlreiche Abbildungen fördern das Verständnis der Übungsanleitung, -durchführung und –auswertung. Die Eigenerfahrungen der Autoren fließen insbesondere in den Anmerkungen zu besonderen Einsatz- und Verwendungsmöglichkeiten der jeweiligen Übungen ein.
Zielgruppen
Das Buch wendet sich an Fachkräfte im Coaching, Training sowie in der Aus- und Weiterbildung von kooperierenden Gruppen und Teams. Insbesondere Beginner können hier wertvolle Anregungen für den Aufbau und die Durchführung von Teamtrainings erhalten und erfahrene Praktiker ihr eigenes Repertoire anreichern. Viele Übungen eignen sich auch dazu, die Sozial kompetenz, die kommunikative und selbstreflexive Kompetenz beispielsweise in sozialen Trainingsgruppen zu entwickeln. Da der Theorieteil – wie angekündigt – lediglich eine Einführung in den Teambegriff bietet, ist dieses Buch als Grundlagenlektüre für den Lehrbetrieb an Universitäten und Fachhochschulen nicht geeignet, es kann jedoch Bestandteil für Übungskurse zum Gruppentraining und zur Gruppenleiterschulung sein.
Diskussion
Die praktische Arbeit mit kooperierenden Gruppen und Teams ist darauf angewiesen die beteiligten Teammitarbeiter durch Fragen, Gesprächsimpulse und kreative Übungen im Selbstreflexions- und Lernprozess zu begleiten. Die vorgenommene Systematisierung der Übungen (s. o.) bringt eine ziel- und funktionsorientierte Ordnung in ihre Vielfalt. Die Übungen selbst stammen aus verschiedenen Quellen und bieten den Lesern einen Einblick in die Verschiedenartigkeit der Gruppentrainings.
Im Unterschied zu anderen Teamtrainingsbüchern, die im ersten Schritt ein Diagnoseinventar zum IST-Stand der Teamarbeit liefern (z.B. Francis & Young, 1996), bleibt es den Trainern und den Auftraggebern überlassen die Gewichtung der Einzelthemen vorzunehmen und dementsprechend Übungen auszusuchen. Hier wäre ein einführendes Kapitel zur Teamdiagnostik (unter Verwendung des KODE-Konzepts) sinnvoll. Im vorliegenden Buch erfolgt lediglich ein Verweis auf vorliegende Teamrollen-Inventare (S. 22), das KODE-Analyse-Instument wird erst in Abschnitt 8.2 des Methodenteils vorgestellt.
Fazit
Die Leser erhalten - aus einer Hand – eine Einführung in den Teambegriff und in Grundfragen der Teamentwicklung sowie zahlreiche Methoden für die Teamentwicklung. Die thematische Ordnung der vorgestellten Übungen erleichtert den Überblick und die funktionale Zuordnung der einzelnen Übungen. Auch ist das methodische Spektrum ein Gewinn für die Gestaltung der Praxis der Teamentwicklung. Die Quellenvielfalt entspricht dem eklektizistischen Arbeiten in vielen Bereichen der Gruppentrainings und Teamentwicklungsmassnahmen.
In welcher Form die Autoren ihre eigenen Erfahrungen aus der Aus- und Weiterbildung in die Übungsauswahl verarbeiten, erschließt sich dem Leser nur indirekt über die Anmerkungen zu den einzelnen Aufgaben bzw. Übungselementen. Hier wären ausführlichere Kommentare, Erfahrungsberichte, Fallschilderungen u.ä. wünschenswert.
Einen eigenen Schwerpunkt legen die Autoren in Fragen zur Kommunikation. Die hier vorgestellten Übungen werden auf Probleme der Teamkooperation und –kommunikation bezogen, stammen – wie beispielsweise der „heiße Stuhl“ – dabei aus dem Feld des allgemeinen Kommunikationstrainings. Hier offenbart sich eine spezifische Erfordernis von Teamentwicklung, die in der Herstellung der Passgenauigkeit der Übungsgestaltung für die jeweiligen betrieblichen Erfordernisse liegt. Es braucht eine präzise Vorabanalyse der IST-Situation der Arbeitsprozesse, der organisationalen Einbettung des Teams, der Auftragssituation und der Erwartungen der Teammitglieder, da ansonsten lediglich mit generellen Lerneffekten von Gruppentrainings und keinesfalls mit einer team- und arbeitsplatzspezifischen Verbesserung von kommunikativen Erfordernissen gerechnet werden kann. Hier gilt es unbedingt bestehenden Vorurteilen zu begegnen damit die Teamentwickler nicht als die mit dem bunten Methodenkoffern, und den experimentellen Selbsterfahrungsübungen dastehen.
Rezension von
Prof. (i.R.) Dr. Hans-Jürgen Balz
von 2002 bis 2023 Dozent für Psychologie (Schwerpunkte Diagnostik und Beratung) an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum
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Zitiervorschlag
Hans-Jürgen Balz. Rezension vom 20.04.2010 zu:
Lothar Schäffner, Imke Bahrenburg: Kompetenzorientierte Teamentwicklung. Theoretischer Ansatz und vielfältige Coaching- und Trainingsmethoden. Waxmann Verlag
(Münster/New York/München/Berlin) 2009.
ISBN 978-3-8309-2260-5.
Reihe: Kompetenzmanagement in der Praxis - 4.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/9017.php, Datum des Zugriffs 08.12.2024.
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