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Ralf Gerlach, Heino Stöver (Hrsg.): Psychosoziale Unterstützung in der Substitutionsbehandlung

Rezensiert von Dr. med. Robert Hämmig, 06.10.2010

Cover Ralf Gerlach, Heino  Stöver (Hrsg.): Psychosoziale Unterstützung in der Substitutionsbehandlung ISBN 978-3-7841-1892-5

Ralf Gerlach, Heino Stöver (Hrsg.): Psychosoziale Unterstützung in der Substitutionsbehandlung. Praxis und Bedeutung. Lambertus Verlag GmbH Marketing und Vertrieb (Freiburg) 2009. 307 Seiten. ISBN 978-3-7841-1892-5. 18,50 EUR.

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Thema

Substitutionsbehandlungen sind wie kaum eine andere medizinische Behandlung reglementiert und als einzigartige Besonderheit wird eine psychosoziale Unterstützung, allgemein bekannt unter dem Kürzel „PSB“, als Voraussetzung für die medizinische Behandlung verlangt.

Entstehungshintergrund

Die Herausgeber haben in dem vorliegenden Buch Artikel von über 30 Autoren und Autorinnen mit unterschiedlichstem Hintergrund (Ärzte, Sozialarbeitende & Sozialpädagogen, Juristen, Betroffene etc., und in unterschiedlichen Bereichen Tätigen wie Beratung & Behandlung, Forschung, Ministerien, Referaten etc.) zusammengeführt.

Aufbau

Das Buch ist in 3 Hauptkapitel gegliedert: 1. Grundlagen, 2. Methoden und Praxis der psychosozialen Betreuung in Deutschland, 3. der Stellenwert der PSB aus verschiedenen Perspektiven. In einem 4. Kapitel folgen zur Abrundung noch je ein Artikel aus der Schweiz und Österreich.

Inhalt

Im ersten Artikel des Buches weisen die Herausgeber darauf hin, dass nach über 20 Jahren Substitutionsbehandlungen in Deutschland immer noch eine klare Definition fehlt, was das Kürzel „PSB“ meint. Insbesondere der Buchstabe „B“ wird unterschiedlich als Begleitung, Betreuung, Begleitbetreuung, Beratung, Behandlung oder Begleitbehandlung verstanden. Je nach Hintergrund des Angebotes und Finanzierungsmodell besteht derzeit nebeneinander eine Vielfalt von konzeptionellen Ansätzen. Im Artikel wird das Junktim „medizinische Behandlung nur, wenn die PSB gewährleistet ist“ hinterfragt. Im Weiteren geben die Herausgeber einen Überblick über die in den folgenden Artikeln behandelten Themen.
Unter den Grundlagen folgt als nächstes ein Artikel dazu, wie es zur heute engen Verknüpfung von medizinischer Behandlung und PSB kam. Daran schliesst sich ein Artikel zum wissenschaftlichen Forschungsstand der Wirksamkeit von PSB an. Die Qualität der Studien zu PSB ist eher schwach, wobei gewisse positive Effekte zu verzeichnen sind. Beim Lesen des nächsten Artikels zur rechtlichen Regulierungsdichte könnte es einem schwindlig werden.
Es folgen mehrere Artikel zu Organisations- und Finanzierungsmodellen in verschiedenen Bundesländern. Das 1. Kapitel wird mit einem Bericht über die Zufriedenheitsmessung der Klienten aus Berlin abgeschlossen. Die Nutzer scheinen dort mit der PSB durchaus zufrieden zu sein.

Das 2. Hauptkapitel widmet sich den zur Anwendung gelangenden Methoden. Es werden das „Case Management“, die „Psychoedukation“, die „Motivierende Gesprächsführung (Motivational Interviewing)“, das „Moderierende Empowerment“ und das verhaltensorientierte Sebstmanagementprogramm „Kontrolle im selbstbestimmten Substanzkonsum KISS“ beschrieben. Danach werden weitere Umsetzungsmodelle in verschiedenen Settings (Drogenberatung, Arztpraxis, ländlicher Sozialraum, medizinische Rehabilitation) und Zielsetzungen (zielgruppenspezifisch, problemorientiert, Arbeit und Qualifizierung) dargestellt.

Im 3 Hauptkapitel zum Stellenwert der PSB präsentieren verschiedene Beteiligte (substituierende Ärzte, Psychiater, Betroffene, Angehörige) und Institutionen (Sozialpsychiatrie, gesetzliche Krankenversicherung, Bundesärztekammer) ihre Sichtweise.

Im 4. Hauptkapitel wird zuerst über die psychosoziale Betreuung in der heroingestützten Behandlung in Basel (Schweiz) und im Schlusskapitel über die Verhältnisse in Österreich berichtet.

Diskussion

Den Herausgeber dieses Buches kommt der Verdienst zu, mit der Auswahl der Artikel für dieses Buch einen umfassenden Überblick über die verwirrende Situation im Bereiche PSB bei Substitutionsbehandlungen geschaffen zu haben. Gerade die Vielfalt der unterschiedlichen Blickwinkel trägt sehr zum Nutzen dieser Publikation bei. Besonders gefallen an diesem Buch das einleitende Kapitel, das eine komprimierte Zusammenfassung bietet, was in den folgenden Artikel ausgeführt wird und somit als Orientierungshilfe dienen kann, und die kurzen, prägnanten Darstellungen spezifischer Verfahren im 2. Kapitel. Natürlich bleibt nach Lektüre des Buches das Unbehagen, dass die derzeitigen Reglementierungen neben dem Ziel vorbei schiessen und dass eigentlich diesbezüglich Handlungsbedarf bestünde. Dieses Unbehagen wird aber etwas gelindert durch die Tatsache, dass die vielen Akteure trotz des Korsett der Reglementierungen versuchen, für die Betroffenen nutzbringende Angebote zu formulieren und dies ihnen auch zu gelingen scheint.

Fazit

Das Buch kann den in der Substitutionsbehandlung und ihrem Umfeld inkl. der Drogenberatung Tätigen wärmstes empfohlen werden. Es bietet einen guten Überblick über den aktuellen Stand der PSB in der Substitutionsbehandlung und kann aufgrund der thematischen Vielfalt der im Buch vereinten Artikelsammlung als Quelle für Ideen, wie man es noch besser machen könnte, dienen.

Rezension von
Dr. med. Robert Hämmig
Psychiatrie & Psychotherapie FMH, Leitender Arzt Schwerpunkt Sucht, Universitätsklinik für Psychiatrie & Psychotherapie, Universitäre Psychiatrische Dienste Bern
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Es gibt 4 Rezensionen von Robert Hämmig.

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ISSN 2190-9245