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Theo Hug, Gerald Poscheschnik et al.: Empirisch Forschen

Rezensiert von Prof. Dr. Joachim König, 24.05.2010

Cover Theo Hug, Gerald Poscheschnik et al.: Empirisch Forschen ISBN 978-3-8252-3357-0

Theo Hug, Gerald Poscheschnik, Bernd Lederer, Anton Perzy: Empirisch Forschen. Über die Planung und Umsetzung von Projekten im Studium. UVK Verlagsgesellschaft mbH (Konstanz) 2010. 160 Seiten. ISBN 978-3-8252-3357-0. D: 14,90 EUR, A: 15,40 EUR, CH: 26,90 sFr.
Reihe: UTB M (Medium-Format) - 3357.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.

Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-8252-4304-3 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.

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Thema und Absicht

‚Empirisch forschen lernen‘ wäre vielleicht der noch besser passende Titel für dieses Buch gewesen. Denn es handelt sich hier um einen wunderbaren Appetitanreger für Studierende und auch für Fachkräfte, die empirische Methoden (und auch Statistik) bisher eher als ‚Auswärtsspiel‘ betrachtet und möglicherweise auch gefürchtet haben. In einer unkomplizierten, Sachverhalte vereinfachenden Sprache versuchen die Autoren ‚AnfängerInnen‘ zu erklären, inwiefern empirische Forschung als zentrales Thema in nahezu allen wissenschaftlichen Ausbildungen und deshalb auch in der jeweils entsprechenden Praxis Bedeutung haben kann. Dazu geben sie einen Überblick über die wichtigsten Schritte bei der Planung und Umsetzung von Forschungsprojekten und beantworten so grundlegende Fragen wie:

  • Was ist und wie funktioniert empirische Forschung?
  • Welche Forschungsdesigns und -methoden gibt es?
  • Wie präsentiert man Forschungsergebnisse?

Auch durch eine sehr anschauliche und übersichtliche Gestaltung gelingt es gut, einen gedanklichen Einstieg in eine Materie zu bieten, die – wenn wir uns die zentralen Lehrbücher anschauen - an Tiefe, Komplexität und Kompliziertheit insgesamt ja kaum zu überbieten ist. Hinweise auf weitere Vertiefungsmöglichkeiten, immer wieder verbunden mit der klaren Aussage, dass es sich wirklich nur um einen ersten kurzen Überblick handelt, bieten so die Gelegenheit, sowohl im Verlauf des Studiums als auch darüber hinaus, weiter zu denken und weiter zu lernen. Und dies macht natürlich für Studierende im Rahmen von Projekten und Abschlussarbeiten genauso Sinn wie für die Fachkräfte im Hinblick auf Forschungsfragen, die sich aus ihrer eigenen Praxis heraus ergeben, - allerdings eben an allen Stellen jeweils nur auf eine eher oberflächliche und vereinfachende Art und Weise. Das ist auch gleichzeitig das Dilemma, in dem sich das Buch befindet. Die Autoren sind sich dessen bewusst und bringen dies auch an vielen Stellen immer wieder zum Ausdruck.

Inhaltliche Einblicke

Da sich das Buch in seiner Gliederung am Verlauf der Planung, Vorbereitung und Durchführung eines Forschungsprojektes orientiert, kann es nicht nur als Überblick dienen, sondern auch zum Nachschlagen vor dem Hintergrund von konkreten Fragen an bestimmten Stellen eines Forschungsprozesses verwendet werden:

Ausgangspunkte: Nach einem Vergleich zwischen wissenschaftlicher Erfahrung und Alltagserfahrung geht es hier zunächst um die Frage, was empirisches Forschen überhaupt bedeutet, welche Voraussetzungen dazu erfüllt sein müssen und welche Implikationen die Forderung nach der ‚Freiheit von Forschung‘ – auch bezogen auf ihre Grenzen – hat.

Von der Idee zum Forschungsprojekt: Hier wird – immer wieder gut anhand von Beispielen und methodischen Tipps verdeutlicht – gezeigt, welche Schritte von der ersten Idee bis zur differenziert formulierten Forschungsfragestellung notwendig sind. Die besondere Bedeutung von Hypothesen kommt hier genauso zum Ausdruck wie die Kriterien, nach denen beurteilt werden kann, wodurch sich eine gut formulierte Fragestellung auszeichnet.

Erste Schritte – die Planung eines Forschungsprojekts: Der Forschungsgegenstand als Ausgangspunkt für das weitere methodische Vorgehen wird hier thematisiert und die große Bedeutung der argumentativen Begründung des Designs einer Untersuchung wird deutlich. Vor allem aber kommt hier gut zum Ausdruck, welche Logik hinter dem Dreischritt ‚Erhebung, Aufbereitung und Auswertung von Daten‘ steckt. Und: welche Kriterien zu Rate gezogen werden sollten, wenn es um die Entscheidung geht, ob eher qualitative oder quantitative Methoden (oder beide) zum Einsatz kommen sollen. Schließlich wird in diesem Kapitel noch die Bedeutung der Gütekriterien für empirische Forschung gut erklärt diskutiert.

Datenerhebung und Datenaufbereitung: In diesem Abschnitt geht es nun um die Umsetzung und Konkretisierung. Verschiedene qualitative und quantitative Methoden der empirischen Sozialforschung (Fragebogen, Interview, Beobachtungsmethoden, Gruppendiskussionen) werden im Überblick - notwendiger Weise wieder sehr vereinfacht - dargestellt und auch die Bedeutung einer guten Aufbereitung von Daten und die Rolle, die Medien sowohl bei der Erhebung als auch bei der Aufbereitung spielen können, wird gut erklärt.

Datenauswertung: In diesem Kapitel kommt das Buch nun zwangsläufig an seine Grenzen. Das Vorhaben, auf 40 Seiten die Komplexität der quantitativen und der qualitativen Methoden zur Auswertung von Daten im Rahmen empirischer Forschung darstellen und erklären zu wollen, gerät an der Stelle zu fragmentarisch und trägt eher weniger zu einer klaren Übersicht der LeserInnen bei. An sehr vielen Stellen wird notwendiger Weise weiter verwiesen, zu viele Fragen bleiben zwangsläufig offen. Trotzdem entsteht natürlich ein erster Eindruck. Ob er auch hier zu einer ‚Lust auf mehr führt‘, bleibt offen. Vor allem für die statistischen Methoden wird die Anzahl der Fragezeichen in den Köpfen möglicher Weise eher zu- als abnehmen, auch wenn viele gut gemeinte Hinweise auf wichtige Software zur quantitativen und qualitativen Datenanalyse am Ende des Kapitels stehen.

Darstellung der Ergebnisse und Ausblick: In diesem letzten Kapitel wiederum kommt das Konzept dieses Buches zu seiner vollen Geltung. Es gelingt den Autoren gut zu zeigen, wie die Ergebnisse von Untersuchungen – auch medial unterstützt – dargestellt und sinnvoll verwertet werden können. Präsentationstechniken spielen dabei eine genauso wichtige Rolle wie die Frage, unter welchen Bedingungen eine Umsetzung der Befunde im konzeptionellen und politischen Rahmen der Praxis gelingen kann. Außerdem wird den LeserInnen gezeigt, wie sie vor dem Hintergrund erster Erfahrungen mit Forschung ihre eigenen forschungspraktischen Kompetenzen im Sinne des ‚learning by doing‘ ständig weiterentwickeln können.

Fazit

Zur Begleitung von Einführungsseminaren im Bereich der Methodenausbildung ist dieses Buch hervorragend geeignet. Vor allem dann, wenn studentische Projekte Teil dieser Lehrveranstaltungen sind, kann es selbstorganisierte Lernprozesse in kleinen Gruppen oder auch Tutorien gut unterstützen. Der Stil, in dem es geschrieben ist, regt die Motivation und auch die forschende Neugier der Akteure gut an. Auch der Preis liegt in einem Bereich, der diesen Absichten sehr entgegen kommt. Ebenso ist denkbar, das mit dem Buch Fachkräfte eine begleitende Hilfe an die Hand bekommen, die es ermöglicht, eigene kleine Fragestellungen in der Praxis systematisch zu bearbeiten. Vorsicht ist wohl aber vor allem dann geboten, wenn durch die Komplexität vorliegender Fragestellungen in der Praxis eine zu ‚einfache‘ und zu wenig elaborierte methodische Herangehensweise kontraindiziert ist und so eher unbrauchbare Ergebnisse und Frustrationen unter den Akteuren entstehen, die gerade zu Gegenteil dessen führen, was eigentlich ursprünglich intendiert war. Nämlich: den Sinn und den Nutzen von Empirie für die Praxis zu erkennen und dabei zu lernen, wie mit einer systematischen Untersuchung dieser Praxis belastbare Befunde erarbeitet werden können, die letztlich dieser Praxis wiederum äußerst dienlich werden können.

Rezension von
Prof. Dr. Joachim König
Evangelische Hochschule Nürnberg
Allgemeine Pädagogik & Empirische Sozialforschung
Leiter des Instituts für Praxisforschung und Evaluation
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Es gibt 26 Rezensionen von Joachim König.

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Zitiervorschlag
Joachim König. Rezension vom 24.05.2010 zu: Theo Hug, Gerald Poscheschnik, Bernd Lederer, Anton Perzy: Empirisch Forschen. Über die Planung und Umsetzung von Projekten im Studium. UVK Verlagsgesellschaft mbH (Konstanz) 2010. ISBN 978-3-8252-3357-0. Reihe: UTB M (Medium-Format) - 3357. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/9426.php, Datum des Zugriffs 14.09.2024.


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