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Andrea Tabatt-Hirschfeldt (Hrsg.): Zeitschriftenanalyse zur Sozialen Arbeit

Rezensiert von Prof. Dr. Ulrich Bartosch, 02.05.2011

Cover Andrea Tabatt-Hirschfeldt (Hrsg.): Zeitschriftenanalyse zur Sozialen Arbeit ISBN 978-3-86585-451-3

Andrea Tabatt-Hirschfeldt (Hrsg.): Zeitschriftenanalyse zur Sozialen Arbeit. Institutionen und freie Träger. Paulo Freire Verlag (Oldenburg) 2009. 117 Seiten. ISBN 978-3-86585-451-3. 22,90 EUR.

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Herausgeberin, Autorinnen und Autoren

Andrea Tabatt-Hirschfeldt, Professorin für Organisationslehre, Sozialwirtschaft und Sozialmanagement, versammelt in diesem Band Texte zur Fachzeitschriftenanalyse die von einer Studierendengruppe der Hochschule Coburg im sechsten Semester des BA-Studiengangs Soziale Arbeit angefertigt wurden.

Thema

Die Einführung zur Begriffsgenese und -bestimmung von „Institutioneller Sozialarbeit“ wird von Veronika Hammer, ebenfalls Professorin in Coburg, besorgt. Verbindende Fragestellungen für die einzelnen Beiträge sind: Wie stellen sich die Institutionen der Sozialen Arbeit dar? Wie stellt sich die Soziale Arbeit selbst dar? (9) Zwei kategoriale Dimensionen wurden für die Untersuchungen vorgegeben. Die Trägerschaften sind in öffentliche, frei-gemeinnützige und private Träger unterteilt. Sie werden gespiegelt in eine normative und strategische Ebene sowie Handlungsebene. Mit diesem analytischen Gerüst werden im Kern die Jahrgänge 2007-2009 von sechs Fachzeitschriften bearbeitet:

  1. Blätter der Wohlfahrtspflege,
  2. Nachrichtendienst des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge,
  3. Neue Praxis,
  4. Soziale Arbeit,
  5. Sozialmagazin,
  6. Theorie und Praxis.

Mit jeweils einem Trägertyp und einer Fachzeitschrift sollten sich die einzelnen Autorinnen und Autoren dann beschäftigen. Allein die folgenden Arbeiten zeigten, dass eine Trägeranalyse nicht möglich war, da diese in der fachlichen Diskussion nicht prominent erscheinen. Die Vorgehensweise wurde daher verändert und verschieden Facetten der operativen Ebenen der Institutionellen Sozialarbeit wurden quer über die Zeitschriften hinweg herausgearbeitet. Es ergaben sich thematische Schwerpunkte.

  • Zum „Spannungsfeld Soziale Arbeit und Ökonomie“ äußern sich Katharina Beyer und Andreas Beyerlein,
  • über die „Professionalisierungsdebatte der Sozialen Arbeit“ handeln die Beiträge von Michéle Naumann, Maike Niedermeyer und Sindy Lesny,
  • „Professionalsierung der Sozialen Arbeit in Hinblick auf Aus- und Weiterbildung“ werden von Stefanie Preiser, Florence Niehle und Kerstin Köhler bearbeitet,
  • „Gegenwärtige Herausforderungen für die Soziale Arbeit“ thematisieren Doris Frank, Denise Staudigel und Stefan Honal,
  • die „Kinder- und Jugendhilfe als exemplarisches Arbeitsfeld in der Sozialen Arbeit“ greifen Robby Sander, Franziska Döll und Katharina Beez auf.
  • Eine Kurzdarstellung der Diakonie Coburg schließt das Buch.

Aufbau und Inhalt

Veronika Hammer skizziert die Bedingungen institutioneller Sozialarbeit und die damit verbundenen Qualifikationsanforderungen, die Sie umfassend am Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit (QR SArb) orientiert. Vor dem Hintergrund des Coburger Studienvertiefungsbereiches „Institutionelle Sozialarbeit“ stellt sie die zunehmende Bedeutung institutioneller Sozialarbeit als Arbeitsfeld und als Wirtschaftszweig heraus. (17) Zur Tätigkeit in diesem Kontext werden Befähigungen benötigt, „die als konstituierend und weiterführend für fachliches Handeln in den Institutionen Sozialer Arbeit gelten“ können (20): „Ein Kernprofil Institutioneller Sozialarbeit beinhaltet daher mindestens die Kompetenzfelder Forschen, Entwickeln, Planen, Verwalten und Führen, vermittelt in den Bereichen Sozialunternehmerisches Handeln, Projekt- und Wissensmanagement, Public Management und Projektentwicklung/Evaluation. An vorderster Stelle spielen berufsethische und rechtliche Kompetenzen sowie der Kompetenzerwerb in Marketing, Qualitätsmanagement und Controlling eine erhebliche Rolle. Sozialmanagement wird im Studienkonzept der institutionellen Sozialarbeit als in der Sozialen Arbeit bereits ‚institutionalisiert‘ verstanden.“ (20f.) Institutionelle Sozialarbeit muss einen ‚zivilgesellschaftlichen Mehrwert‘ hervorbringen, was auch die Weiterentwicklung fachlicher Qualität bedeutet: „Die alleinige Orientierung am Markt wäre für eine Non-Profit-Organisation im Sozialwesen wie in der öffentlichen Verwaltung eine institutionelle Niederlage.“ (21) Wie diese Institutionelle Sozialarbeit in Gestalt ihrer Träger und in Form ihrer Ziele, Vorgehen und Wirkungen in den Zeitschriften erscheinen, soll also in den einzelnen Expertisen erschlossen werden.

Die einzelnen Texte fassen nun jeweils thematisch verbundene Beiträge aus den Zeitschriften zusammen und ergänzen mit einer kurzen Würdigung bzw. persönlichen Einschätzung. Am nächsten zur ursprünglichen, methodischen Absicht bleibt der Beitrag von Michéle Naumann zur „Professionalisierungsdebatte der Sozialen Arbeit: eine Untersuchung auf normativer, strategischer und operativer Ebene“. (39-45) Die wesentlichen Schlussfolgerungen werden hier allerdings nicht von der Verfasserin sondern von der Herausgeberin vorgenommen. Sie leitet aus dem Text den Nachweis menschenrechts- und systemorientierter Institutioneller Sozialarbeit ab. (45) Alle Beiträge zusammen beleuchten also Facetten von Institutioneller Sozialarbeit, die als maßgeblich Einflussbereiche der Praxis zu gelten haben, was durch die Behandlung im wissenschaftlichen Diskurs belegt wird.

Diskussion

Die Beiträge, dies muss man einfach klar sagen, sind in Umfang, Analyse und Ergebnis bescheiden. Unbestritten ist das Verdienst des Buches, dass man einen schnellen Überblick über die entsprechenden Diskussionen in den behandelten Zeitschriften erhält. Die Lektüre der Originaltexte wird dies nicht ersparen, wenn man die Thesen zur Institutionellen Sozialarbeit prüfen wollte. Zwar fußen alle Beiträge auf den Zeitschriften, aber die Methode und Form der Auswertung ist sehr unterschiedlich und erscheint unsystematisch. Eine inhaltsanalytische Methode wird nicht offengelegt. Sehr einfach in der Reichweite bleiben auch die Schlussfolgerungen. Sie transportieren auch Allgemeinplätze und wohlmeinende Freundlichkeiten. Das Grundanliegen, die Institutionelle Sozialarbeit in Form und Inhalt analytisch zu untermauern, wird nur sehr verhalten eingelöst. Ärgerlich ist, dass eine kritische Gesamtschau auf alle Texte fehlt, die eine Erläuterung des Ertrages der Text im Ganzen leisten hätte können

Man möchte sich für eine veröffentlichte Diskussion von BA-Studierenden mehr analytische Schärfe und schließlich auch mehr editorische Sorgfalt wünschen. Angesichts der Überschaubarkeit der einzelnen Texte, erscheinen orthographische Fehler und unvollständige Sätze als vermeidbar. Statt der knappen Hinweise der Herausgeberin am Ende mancher Beiträge hätte eine jeweilige sorgfältige Überarbeitung und entsprechende Ergänzung durch die Autorinnen und Autoren dem Ganzen sehr gut getan.

Fazit

Es ist vorbildlich, wenn Ergebnisse studentischer Recherche und Forschungsarbeit in eine Publikation einfließen. Das Verdienst dieses Buches ist denn auch, dass es Hinweise auf eine interessante Seminarkonstruktion gibt und Anregungen für eine systematische Analysearbeit mit einer studentischen Gruppe. Da die ursprüngliche Idee einer sehr systematischen Auswertung nicht realisiert werden konnte, was ein gänzlich anderes Gesamtbild hätte ergeben können, hätte man die Anlage der Publikation vielleicht grundsätzlich überdenken sollen bzw. können. Geht die Veröffentlichung aber selbstbewusst über die Bereitstellung für eine lokale Interessengruppe hinaus und präsentiert sich als Verlagsprodukt, dann müssen die Maßstäbe des wissenschaftlichen Publizierens nahezu uneingeschränkt angelegt werden. Es ist zu wünschen, dass sich die „Edition Institutionelle Sozialarbeit“, deren erster Band das vorgestellte Buch ist, die Standards wissenschaftlicher Veröffentlichung im weiteren Verlauf der editorischen Tätigkeit besonders zum Anliegen macht. Der Fokus der Reihe jedenfalls verdient es sicherlich. Und auch die Einbindung studentischer Texte ist im Kontext der wissenschaftlichen Entwicklung und des wissenschaftlichen Selbstverständnisses Sozialer Arbeit der richtige und konsequente Weg. Sie müssen die Standards dann unbedingt erfüllen.

Rezension von
Prof. Dr. Ulrich Bartosch
Präsident der Universität Passau
Bis 2019 Professur für Pädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
Vorsitzender der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler e.V. (VDW) seit 2009; Mitglied im Team deutscher Bologna-Experten des DAAD (2007-2013); ehem. Vorsitzender des deutschen Fachbereichstages Soziale Arbeit (2006-2012)
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Es gibt 14 Rezensionen von Ulrich Bartosch.

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ISSN 2190-9245