Ludwig Zimmermann: Das Hartz-IV-Mandat
Rezensiert von Arnold Schmieder, 02.07.2010

Ludwig Zimmermann: Das Hartz-IV-Mandat. Anspruchsgrundlagen - Strategien - Gebühren.
Nomos Verlagsgesellschaft
(Baden-Baden) 2010.
279 Seiten.
ISBN 978-3-8329-4835-1.
44,00 EUR.
CH: 73,90 sFr.
Reihe: Nomos Anwalt.
Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-8329-5875-6 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.
Autor und Thema
Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht und Arbeitsrecht. Daher ist es nur verständlich, dass er einen Schwerpunkt sowohl auf das von „den Leistungsträgern und den Gerichten zu beachtende Verfahren“ als auch auf die so genannte „Gebührenfalle“ legt. Es geht um Vergütungen nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in sozialgerichtlichen Verfahren und der Beratungshilfe. (S. 5) Damit ist das Themenspektrum aber bei Weitem nicht erschöpft. Vielmehr wird das so genannte Hartz-IV-Gesetz in all seinen Aspekten und komplizierten Verästelungen sehr ausführlich und informativ dargestellt.
Inhalt
Seit dem ersten Kritikpunkt an Hartz IV, nämlich der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und einer Leistungsminderung auf dem Niveau ehemaliger arbeitsfähiger Sozialhilfeempfänger, wurden und werden bekanntlich weitere Kritiken an diesem neu geknüpften Netz sozialer Sicherung zunehmend laut. Sie betreffen Regelungen, die als ungerecht empfunden werden, zudem Rechtsunsicherheiten und unausgegorene Durchführungsbestimmungen, aber auch Schlupflöcher zu ungerechtfertigter Vorteilsnahme seitens der Betroffenen. Das alles geht in populistischer Aufbereitung durch die Medien, trägt aber wenig zu Aufklärung und politischer Willensbildung bei. Auffällig ist vor allem, dass Klagen gegen die Bescheide von Leistungsträgern fast explosionsartig zugenommen haben und mit einer erstaunlich hohen Quote von Erfolg beschieden sind.
So hat der Gesetzgeber als Maßstab für die Bewilligung von Zuwendungen den Begriff der Bedarfsgemeinschaft eingeführt, was zur Folge hat, dass sich selbst minimale Veränderungen in der finanziellen und sozialen Situation eines der Mitglieder solcher Bedarfsgemeinschaften auf die Höhe des Leistungsbescheides auswirken. Insofern ist Hartz IV für Anwälte ein nicht unbedingt lukratives, dafür aber interessantes weil vielschichtiges und zudem bislang ständig korrigiertes Rechtsgebiet. Für den betroffenen Bürger ist inzwischen nicht mehr klar erkennbar, wer für ihn zuständig ist, wer für welche politischen und gesetzgeberischen Entscheidungen, die seine materielle und soziale Existenz betreffen, verantwortlich zu machen ist. Damit der Bürger aber erkennen könne, ob hier der Bund, das Land oder die politische Gemeinde in seine Geschicke eingegriffen habe, damit er auch auf der Basis solcher Kenntnisse seine politischen Wahlentscheidungen zu treffen in der Lage sei, hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber eine grundgesetzkonforme Änderung mit Fristsetzung bis zum 31. Dezember 2010 aufgegeben. Regelleistungen werden neu ermittelt werden müssen und die Politik hat die Karten auf den Tisch zu legen, welche Leistungen sie für den Einzelnen mit welcher Begründung für erforderlich hält oder nicht. Transparenz scheint in der Tat dringend erforderlich.
Das wird nach Lektüre des Buches auch dem interessierte Laien dank der vielen Fallbeispiele deutlich, welche die zum Glück nicht (nur) in juristischer Fachsprache gehaltenen Ausführungen über den Wust an Leistungen oder aber Versagungsgründen illustrieren. Tücken und Fallstricke in der näheren Definition von Bedarfsgemeinschaft beispielsweise (S. 56 ff) oder nicht zu berücksichtigende Einnahmen nach § 1 ALG II/Sozialgeldverordnung (S. 134) werden auch für den Uneingeweihten verstehbar, wenn sie auch nicht zwingend verständlich werden. Dazu bedürfte es des begründenden Diskurses zwischen Leistungsempfängern und jenen, die über Gewährung oder Versagung zu entscheiden befugt sind. Ein Anhang mit Mustern zu Anträgen, Beschwerden oder Anfechtungsklagen komplettiert den Band, der sich auch durch sein sehr ausführliches Stichwortverzeichnis empfiehlt. Damit der Nutzer bei dieser sich im Fluss befindlichen Gesetzgebung auf dem Laufenden bleibt, ist die Druckausgabe, worauf gleich eingangs hingewiesen wird (vgl. S. 7), durch ein Online-Angebot ergänzt.
Fazit
Das Buch, für tätige Juristen gewiss eine wertvolle Handreichung im Dschungel dieser Gesetzgebung, ist auch für sozialwissenschaftlich Interessierte insofern von Belang, als es die Probleme um Schwierigkeiten oder Erosion der Arbeitsgesellschaft zu konkretisieren hilft. Darüber hinaus ist es aber auch für alle, die als Berater, Betreuer, Ausbilder oder Vermittler im Umfeld von Hartz-IV-Maßnahmen tätig sind, ein Nachschlagewerk, in dem sie schnell und gründlich Informationen für jeweilige Einzelfälle finden können.
Rezension von
Arnold Schmieder
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Zitiervorschlag
Arnold Schmieder. Rezension vom 02.07.2010 zu:
Ludwig Zimmermann: Das Hartz-IV-Mandat. Anspruchsgrundlagen - Strategien - Gebühren. Nomos Verlagsgesellschaft
(Baden-Baden) 2010.
ISBN 978-3-8329-4835-1.
Reihe: Nomos Anwalt.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/9760.php, Datum des Zugriffs 10.06.2023.
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