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Martin Schölkopf: Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich

Rezensiert von Prof. Dr. Peter Kostorz, 27.09.2010

Cover Martin Schölkopf: Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich ISBN 978-3-939069-74-4

Martin Schölkopf: Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich. Gesundheitssystemvergleich und die europäische Gesundheitspolitik. MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft (Berlin) 2010. 243 Seiten. ISBN 978-3-939069-74-4. D: 54,95 EUR, A: 46,30 EUR, CH: 78,00 sFr.
Reihe: Health Care Management.

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Thema

Im internationalen Vergleich genießt das deutsche Gesundheitswesen – trotz aller Reformen und Umstrukturierungen – nach wie vor einen ausgezeichneten Ruf; als ein Beleg dafür dienen Meldungen, nach denen sich immer mehr ausländische Patientinnen und Patienten in deutschen Kliniken behandeln lassen. Andererseits berichten die Medien vielfach von einem Trend der Abwanderung junger Medizinerinnen und Mediziner ins europäische Ausland. Wie ist es um die Qualität des Gesundheitssystems in Deutschland also tatsächlich bestellt? Um diese Frage zu beantworten, ist ein (vergleichender) Blick über die Grenzen der hiesigen Sozialordnung unerlässlich. Eine – resümierend vorweggenommen – hervorragende Grundlage hierzu liefert die von Martin Schölkopf verfasste Neuerscheinung „Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich. Gesundheitssystemvergleich und die europäische Gesundheitspolitik“.

Aufbau

Das Buch unterteilt sich in insgesamt neun Kapitel.

Nach einer anfänglichen Beschreibung unterschiedlicher Typen von Gesundheitssystemen und einer Darstellung der Entstehung und Ausweitung der gesetzlichen Absicherung im Krankheitsfall skizziert Schölkopf die Gesundheitssysteme ausgewählter Staaten, die er in die im ersten Kapitel des Buches entwickelte Typologie von Gesundheitswesen einordnet; der Autor unterscheidet hierbei zwischen Ländern mit nationalen, regionalen bzw. kommunalen Gesundheitsdiensten (z.B. Großbritannien, Italien bzw. Schweden), Ländern mit Sozialversicherungssystemen (z.B. Deutschland), Versicherungssystemen mit Kopfpauschalen (z.B. Schweiz) und den USA als Land mit einer freiwilligen Privatversicherung und staatlicher Fürsorge. Dabei folgen die einzelnen Länderberichte insofern einem einheitlichen Aufbau, als durchgehend auf die Aspekte Grundstruktur, Finanzierung, Leistungen und Organisation der Versorgung eingegangen wird.

Die Kapitel 3 bis 7 des Buches bieten dann Querschnittsvergleiche der zuvor in Kurzform vorgestellten Gesundheitssysteme; sie befassen sich im Einzelnen mit der Höhe der Gesundheitsausgaben und deren Finanzierung, der stationären und ambulanten ärztlichen Versorgung, der Arzneimittelversorgung sowie der Effizienz, Qualität und Nutzerorientierung der Gesundheitssysteme.

Kapitel 8 verlässt die international vergleichende Betrachtung und geht auf die Gesundheitspolitik der Europäischen Union und ihre Folgen für die Gesundheitsversorgung in Deutschland ein.

Das abschließende Kapitel 9 enthält Hinweise und Tipps für eine weiterführende Recherche zum behandelten Thema.

Inhalt und Kritik

Schölkopfs internationaler Gesundheitssystemvergleich überzeugt zunächst vor allem durch dessen Stringenz im Aufbau: Bieten die von ihm treffend als Länderberichte bezeichneten Darstellungen der einzelnen nationalen Gesundheitssysteme im zweiten Kapitel des Buches den Leserinnen und Lesern einen zwar knappen aber informativen und für einen ersten Eindruck völlig ausreichenden Überblick (der durch die einheitliche Struktur der jeweiligen Unterkapitel zusätzlich an Übersichtlichkeit gewinnt), gewähren die Kapitel zur Finanzierung, zur ambulanten und stationären Behandlung sowie zur Arzneimittelversorgung einen detaillierteren Einblick in die wichtigsten Ordnungsmerkmale eines Gesundheitswesens. Auf diese Weise erhalten die Adressaten des Buches nicht nur Steckbriefe unterschiedlicher Gesundheitssysteme, sondern auch einen (echten) direkten Vergleich der einzelnen, zuvor skizzierten Länder nach sinnvoll ausgewählten Kriterien. Dass dieser zudem in vielfältiger Weise graphisch und tabellarisch aufgearbeitet wird, erlaubt den Leserinnen und Lesern einen raschen Zugriff auf die wichtigsten Daten und Determinanten der betrachteten nationalen Gesundheitswesen.

Derartige Querschnittsvergleiche werfen zwangsläufig die Frage nach der Leistungsfähigkeit einzelner Systeme und deren Effizienz und Effektivität im internationalen Vergleich auf. Schölkopf beantwortet sie, indem er nicht weniger als sechs Studien zum internationalen Vergleich von Gesundheitssystemen vorstellt – angefangen vom Gesundheitssystem-Vergleich des World Health Reports 2000 der WHO bis hin zum Health Care Quality Indicators-Projekt der OECD aus dem Jahre 2007. Da der Autor auch das jeweilige Studiendesign kritisch reflektiert, können sich die Leserinnen und Leser einen fundierten Überblick über die verschiedenen Rankings und deren Aussagekraft verschaffen.

Im Kapitel zur europäischen Gesundheitspolitik unterscheidet der Autor zunächst zwischen der „echten“ Gesundheitspolitik der Europäischen Union und deren „Offener Methode der Koordinierung“ im Gesundheitswesen. Da die Kompetenzen der Europäischen Union in der Gesundheitspolitik jedoch eher begrenzt sind und eine Harmonisierung der Gesundheitssysteme derzeit (noch) nicht angestrebt ist, handelt es sich hierbei allerding eher um soft law bzw. weiche Politikinstrumente. Konsequenterweise legt der Autor den Schwerpunkt seiner Ausführungen auf den Europäischen Binnenmarkt. Ausgehend von den vier Grundfreiheiten (freier Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr) stellt Schölkopf anschaulich die Auswirkungen dar, die sich daraus auf die nationalen Gesundheitssysteme ergeben; in den Blick nimmt er dabei die wichtigsten praxisrelevanten Fragen, wie etwa das europäische Arbeitszeit- oder Vergaberecht.

Zielgruppe

Auf der Homepage des Verlages werden als Adressaten des Buches völlig zu Recht Studierende gesundheitsbezogener Studiengänge, leitende Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen, im öffentlichen Gesundheitswesen und in Unternehmen der Gesundheitswirtschaft, Mitarbeiter bei Krankenkassen und Behörden, Wissenschaftler sowie Praktiker in der Gesundheits- und Wirtschaftspolitik genannt. Bestens geeignet ist das Buch darüber hinaus jedoch auch für Journalisten, die sich für ihre Arbeit einen Überblick über unterschiedliche Gesundheitssysteme und deren Vergleich verschaffen möchten.

Fazit

Das von Martin Schölkopf vorgelegte Buch „Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich“ bietet einen ausgezeichneten Überblick über die Gesundheitssysteme der 22 wichtigsten Industrienationen und deren typologische Einordnung – dies gilt sowohl für die vom Autor erstellten Länderberichte als auch für die von ihm durchgeführten Querschnittsvergleiche. Wer sich über diese sehr gelungene Einführung hinaus tiefer in die Materie einarbeiten will, erhält weitergehende Literaturempfehlungen und klare Hinweise zur Recherche aktuellen Zahlenmaterials. Da auf dem Buchmarkt derzeit kaum etwas Vergleichbares zu finden ist, ist es als unverzichtbare Basislektüre jedem uneingeschränkt zu empfehlen, der einen Blick über die Grenzen der nationalen Gesundheitspolitik werfen möchte.

Rezension von
Prof. Dr. Peter Kostorz
Fachhochschule Münster, Fachbereich Gesundheit. Lehr- und Forschungsgebiet: Rechtswissenschaften mit den Schwerpunkten Gesundheitsrecht und Bildungsrecht
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Es gibt 31 Rezensionen von Peter Kostorz.

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Zitiervorschlag
Peter Kostorz. Rezension vom 27.09.2010 zu: Martin Schölkopf: Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich. Gesundheitssystemvergleich und die europäische Gesundheitspolitik. MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft (Berlin) 2010. ISBN 978-3-939069-74-4. Reihe: Health Care Management. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/9911.php, Datum des Zugriffs 04.12.2024.


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