Katharina Ohana: Gestatten. ICH. Die Entdeckung des Selbstbewusstseins
Rezensiert von Dr. Juliane Noack Napoles, 10.12.2010

Katharina Ohana: Gestatten. ICH. Die Entdeckung des Selbstbewusstseins. Gütersloher Verlagshaus Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH (Gütersloh) 2010. 240 Seiten. ISBN 978-3-579-06763-6. D: 19,95 EUR, A: 20,60 EUR, CH: 34,90 sFr.
Thema
Das Thema des 2010 erschienen Buches „Gestatten: Ich. Die Entdeckung des Selbstbewusstseins“ der Autorin Katharina Ohana sind die in der Kindheit gelernten Muster und Regeln und wie diese unser Leben als Erwachsene beeinflussen. Von jedem, so ihr Ausgangspunkt, der in seiner Kindheit nicht genug Wertschätzung und gesunde Liebe erfahren hat, ist das Leben bestimmt von der Suche danach. Die Autorin lädt dazu ein, diese Muster zu durchschauen und die Wunden in unserem Wertgefühl als eigentliche Ursachen unserer Probleme zu erkennen und damit den Grund für unsere falschen Vorstellungen von Glück und Liebe. Es geht ihr mit ihrem Buch darum den Funken der Freiheit und Selbstbestimmung, zu dem wir Menschen doch fähig sind, erfahrbar zu machen. Dazu versucht sie den Blick für unsere Prägungen und Werte, für unser so selbstverständlich geglaubtes Richtig und Falsch, Gut und Schlecht zu schärfen, indem sie gedankliche Wege aufzeigt, uns unserer Fremdbestimmung bewusst zu werden, umzuwerten und umzulernen.
Autorin
Katharina Ohana, Jahrgang 1970, hat in Frankfurt und Berlin Philosophie, Psychologie und Kunstgeschichte studiert. Darüberhinaus war sie an der Deutschen Schauspieler Akademie in München und hat anschließend sieben Jahre (2000-2007) privaten Sprech- und Schauspielunterricht bei der 2007 verstorbenen Schauspielerin Inge Langen, der Ohana das vorliegende Buch gewidmet hat, genommen. Katharina Ohana ist sehr vielseitig talentiert, so war sie 1990 deutsche Meisterin im Karate, hat den Skilehrerschein, wurde als Modell entdeckt und arbeitet seit 2002 als psychologische Beraterin und Moderatorin für verschiedene Fernsehsendungen, u.a. beim WDR, RTL, Pro 7.
Aufbau und Inhalt
Das Buch besteht aus zwei Teilen und einem Anhang.
Der erste Teil heißt: Die Geschichte unseres Selbstwertgefühls, besteht aus drei Kapiteln und einem Epilog und behandelt grundsätzliche Begriffe und deren Bedeutungen, die einer psychologischen Auseinandersetzung mit dem Thema Selbstbewusstsein zugrundeliegen. Unter Verwendung dieser Konzepte legt die Autorin dar, worin die Probleme liegen, die sie gleichsam als Tor zur Freiheit sieht, da sie ein eindeutiges Zeichen dafür seien, dass die geltenden Werte und Regeln nicht zu uns passen und in dieser Erkenntnis liege ihrer Meinung nach die beste Motivation für Veränderung.
Basierend auf dem ersten Teil, der darauf abzielte, das Problem sichtbar und einsehbar zu machen, geht es im zweiten Teil darum, das Problem zu lösen. Die Lösung, die Ohana vorstellt, liegt darin, das eigene Maß zu finden, denn es ist ein Mittel gegen die immer weiter um sich greifende Fremdbestimmung durch die Medien, Wissenschaft und Industrie. Das eigene Maß bedeutet Selbstbestimmung, die wiederum nur möglich ist, wenn wir die Fremdbestimmung, der wir täglich ausgesetzt sind, durchschauen. Möglich wird dies, wenn wir „die Bilder der Medien, die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze und Verhaltensregeln unserer westlichen Kultur, Dinge, die offiziell und selbstverständlich als wertvoll und bewundernswert gelten oder auch von der Masse verurteilt werden, nicht länger als unumstößlich ansehen.“ (S. 172) Nur neue Handlungsmuster und Werte, die man sich selbst setzt, führen zu Selbstbestimmung und Freiheit, deren Vorteil für uns selbst jedoch nicht am materiellen Zugewinn oder an der Anerkennung der anderen zu messen ist, sondern an dem tief empfundenen Gefühl für ein sinnvolles, stabiles, gesundes Leben; für Dinge, die „satt“ machen, jenseits von Rausch und innerem Reißen, Getriebenheit und Größenwahn (ebd.).
Der Anhang besteht aus praktischen Übungen, die bei der Auseinandersetzung mit sich selbst unterstützen können.
Diskussion
Das Buch reiht sich thematisch in die Generation der Lebenshilfe- und Selbstfindungsbücher und man ist geneigt zu fragen, ob die Welt ein weiteres Buch dieser Art braucht, oder doch zumindest danach, worin der Unterschied zu den anderen Büchern dieser Art besteht. Zunächst einmal zur letzten Frage: Drei Dinge fallen mir besonders auf, die das Buch von Ohana lesenswert machen.
- Es beginnt mit der Hinführung zum Problem des eigenen möglicherweise verletzten Selbstbewusstseins und dies entlang psychologischer Fachbegriffe, die jedoch sofort und gut verständlich erklärt werden und zwar so, dass man sich auch als Nichtfachmann/-frau in den jeweiligen psychologischen Gedankengang einfinden kann. Das ermöglicht es Einsicht zu gewinnen in die psychischen Wege und Ausdrucksformen, die unsere Seele findet und so gleichsam zu einem tieferen Verständnis des eigenen So-Seins.
- Zweitens sind es die Bespiele, die Ohana anführt, um das Gesagte zu illustrieren und nachvollziehbar zu machen. Die Beispiele sind jedoch nicht lediglich (pathologische) Fälle, sondern es handelt sich eher um Geschichten, die aus dem Leben gegriffen sind, um Situationen, die jeder von uns in der einen oder anderen Form durchlebt. Einerseits lässt sich so das vorher Gesagte leichter verstehen und andererseits werden Widerstände, die uns gegebenenfalls unsere Selbsterkenntnis erschweren, verkleinert, da man ja zunächst über die Geschichte eines Anderen nachdenken und dies erst anschließend auf sich beziehen kann.
- Drittens zu erwähnen ist der Anhang mit praktischen Übungen zum „Umwerten und Freiwerden“ (S. 224) mit Hilfe derer man sich mit dem Gelesenen nochmals auf einer anderen Ebene – nämlich unmittelbar mit sich Selbst – auseinandersetzen kann.
Die Antwort auf die erste Frage, ob die Welt ein weiteres Buch dieser Art braucht, stellt gleichsam das Fazit dieser Rezension dar.
Fazit
Unsere Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung ist die Grundlage unseres Menschseins, schreibt Ohana, und unsere in der Kindheit gelernten Muster und Regeln sind dafür verantwortlich, wie ausgeprägt diese Sehnsucht ist. Unser Selbstbild, als Spiegel erfahrener Liebe und Zuwendung, ist gleichsam der Schlüssel zu geistiger und körperlicher Gesundheit und damit zum Glück. Angesichts der Wichtigkeit der Thematik kann diese wohl nicht oft genug zu Bewusstsein geführt und jeder einzelne zur Auseinandersetzung mit sich selbst bewegt werden. Und da jeder Mensch anders ist, sind die einen Bücher ein besserer Begleiter für die einen und die anderen Bücher die besseren Begleiter für die anderen. Insofern lässt sich abschließend festhalten, dass sich das Buch „Gestatten: Ich“ sehr schön liest und auf leichte Weise einlädt, sich mit einem nicht immer leichten Thema auseinanderzusetzen.
Rezension von
Dr. Juliane Noack Napoles
Institut für Bildungsphilosophie, Anthropologie und Pädagogik der Lebensspanne der Universität zu Köln
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